Falsche bzw. unpassend ideale Auffassung vom Staat

Weiner, Samstag, 20.10.2018, 11:57 (vor 2015 Tagen) @ Falkenauge1433 Views

Hallo Falkenauge,

es ist schade, dass Foristen wie Zarathustra nicht mehr hier sind, denn von ihm etwa würdest Du bei diesem Thema schlagende Antworten bekommen - vielleicht aber ist er nicht mehr da, weil all seine Rede hier in den Wind war.

Der Staat der letzten 5000 Jahre ist ein reiner Herrschaftsstaat, bei dem stets eine kleine Rotte von Räubern sich eine hilf- und wehrlose Großgruppe von Menschen unterwirft und fortlaufend in ausbeuterischer Gefangenschaft hält. Am geschichtlichen Anfang spielte bei derartigen Unterwerfungen überwiegend physische Gewalt eine Rolle, später kamen weitere Herrschaftstechniken hinzu. Heute existiert ein umfassender Werkzeugkasten zur Beherrschung von Menschenmassen, der in einem Maß perfektioniert und raffiniert ist, wie Du in Deinen schlimmsten Träumen Dir das nicht vorstellen kannst.

Eine eigentlich unbedeutende und völlig nebensächliche Herrschaftstechnik ist es, den Unterworfenen vorzugaukeln, sie könnten sich selbst beherrschen, etwa indem sie Volksvertreter wählen dürfen, die dann Regeln für das allgemeine Zusammenleben entwerfen, an die sich alle freundlichst halten mögen. Diese Herrschaftstechnik nennt man (Schein-) Demokratie.

Neulich hat NST mit einem köstlichen und absolut treffenden Beitrag (Ratschläge und Forumsdiskussionen um die Verlängerung eines Gartenschlauches) uns veranschaulicht, dass der moderne Mensch komplett unfähig ist, auch nur das kleinste Problem "gemeinsam" zu lösen.

Und in Bezug auf die Ausgangsfrage im vorliegenden Diskussionsfaden "Wer fürchtet die direkte Demokratie?" habe ich selbst in mehreren Beiträgen zu zeigen versucht, dass selbst die lautstarke AfD keinen Mut hat, direkte Demokratie umzusetzen, obwohl das eines ihrer Wahlversprechen war. Meine Hypothese geht dahin, dass die AfD es gar nicht will, sondern einen neuen autoritären Staat anstrebt (ersichtlich auch aus der Praxis ihrer Parteiversammlungen).

Fazit: Der moderne Mensch ist selbst in elementaren politischen Fragen eben nicht - wie von Dir gewünscht - in ausreichendem Maße mündig, zu einem Urteil befähigt und als Souverän handlungsbereit. Und von Sachverstand und Fachkenntnis, die heute schon bei simplen Fragenstellungen sehr schnell gefragt sind, wollen wir erst gar nicht anfangen zu reden.

Die ganze Angelegenheit ist aussichtslos. Es kommt hinzu, dass unser Wirtschaftssystem auf Zerstörung angelegt und somit endlich ist (außerdem extrem labil). Desgleichen sind unsere politischen Systeme wieder offen aggressiv geworden (sichtbar an der allgemeinen Kriegspropaganda, an den Militäretats und am unkontrollierten Verhalten von Mächtigen, ob in Washington oder Riyadh). Für eine solche Gesamtsituation hatte man früher das Bild vom Pulverfass mit Lunte. Letztere wurde bereits angezündet.

Schönes Wochenende wünscht Weiner!


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