Wissen ist Macht, nichts wissen macht auch nichts

helmut-1, Siebenbürgen, Freitag, 21.09.2018, 05:48 (vor 2036 Tagen) @ Martin2359 Views
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 21.09.2018, 06:07

Genau diese Aussage bestätigt ja nur das, was ich gesagt habe. Nur zur Info: Im Herbst 1970 bin ich in den schönen deutschen Landen eingewandert, in die Kurpfalz von BaWü. Natürlich ist mir das Audiwerk ein Begriff.

Generell hat man es mit einem menschlichen Empfindungsproblem zu tun: Es regnet stark, es kommt ein Platzregen, oder Wolkenbruch, und dann meint man, - o Gott, wie stark hats geregnet. Diese gefühlten Eindrücke zählen aber nicht, genausowenig wie die im Wetterbericht manchmal zu hörenden Ansagen: Temperatur: minus 5°, gefühlte Temperatur: minus 10°. Was soll das mit dem gefühlten, - wenns mir kalt ist, dann ziehe ich eben noch einen Pullover an, dann fühle ich das nicht mehr.

Was zählt, das sind die Messwerte. Und genau da hakts aus. In der Regel wird der Niederschlag eines Regengusses insgesamt gemessen. Da erfährt man dann, - im Landkreis xy kamen ca. ... lt/m² herunter. Kaum jemand aber misst die Menge, die in der Phase des Starkregens herunterkommt (vielleicht nur 5 Minuten lang) und sondert die von der Menge ab, die dann in der nächsten halben Stunde kommt. Genau dort liegt aber der Hase im Pfeffer, weil diese Extremmengen selten berücksichtigt werden.

Wenn man dann keine Überlaufmöglichkeit als Statiker oder Architekt vorsieht, dann passiert eben das:

https://www.n-tv.de/mediathek/videos/panorama/Schweres-Unwetter-setzt-Wuppertal-unter-W...

Ich weiß noch genau, was wir damals in Stgt.-Hohenheim an Zahlenmaterial zur Berechnung der Rohrquerschnitte hatten. Auch Werte für Starkregen. Das war 1973 - 75. Das unterscheidet sich klar von meinen Beobachtungen, die ich in all den Jahrzehnten meiner beruflichen Tätigkeit angestellt habe.

Fest steht, dass man von den Meteo-Stationen oder den Abwassereinrichtungen kaum diese Werte bekommt, die in dieser kurzen Zeit des extremen Regens anfallen. Die meisten hatten früher diesen berühmten Regenmesser:

http://www.bilder-upload.eu/show.php?file=62e829-1537499987.jpg

Die Dinger standen meist im Freien, und wer geht denn schon hinaus und schaut auf die Querstriche, wenns draußen wie blöd schüttet. Natürlich gibts heutzutage auch elektronische Meßgeräte.

Da wir seit einigen Jahren im Bau auch Consulting-Verträge abwickeln, müssen wir über alles informiert sein, - von den Geo-Verhältnissen der Bodenbeschaffenheit beginnend bis zum Blitzschutz. Dazu gehört natürlich auch die Berechnung der unterschiedlichen Regenmengen, insbesonders bei Flachdächern.

Aus diesem Grund habe ich mir in mühevoller Kleinarbeit eine Linie von Holland bis Bulgarien gezogen und da die Messwerte verglichen. Viele Telefonate, viel nachschauen, viel rechnen, - aber ich habs hingekriegt.

Dabei habe ich bemerkt, dass interessanterweise die Mengen bei Starkregen im maritimen Klima z.B. in Holland gemäßigt beginnen, und je mehr man nach Südosten kommt, zunehmen. Genau das war mir neu, insbesonders im Kontinentalklima.

Die Klimaveränderung bewirkt also nicht nur eine Zunahme der Regenmenge bei Starkregen, sondern auch die Häufigkeit solcher Starkregen hat sich nach oben verändert. Dazu haben wir im Kontinentalklima immer seltener die übliche niedrige Luftfeuchtigkeit von 30 - 40%, wodurch sich die Hitze immer besser ertragen lässt, sondern zunehmend Werte von 70 - 80%, auch, wenn es nicht regnet. Das war früher nicht der Fall. Wenn ich nicht diese Messgeräte vor der Nase auf meiner Terrasse hätte, könnte ich das alles nicht erzählen.

Nun zum allgemeinen kommunalen Problem und auch zu Neckarsulm:

Lothar Späth hat damals Geld investiert in Regenauffangareale, die bis heute existieren und sich schon mehrmals als nützlich erwiesen haben.

Das hast Du vollkommen richtig gesagt. Das hat ja auch funktioniert und würde auch heute noch funktionieren, wenn sich nicht die Regenmengen bei Wolkenbrüchen seit den 70er Jahren im Vergleich zu heute stark erhöht hätten. Dadurch gabs wieder Probleme:

https://www.automobilwoche.de/article/20160530/AGENTURMELDUNGEN/305309968/unwetter-in-b...

Genauso hast Du mit dieser Aussage recht:

Im Zuge vieler Fahrbahnerneuerungen wurden auch die Abwasserleitungen vergrößert. Auf der anderen Seite wurde viel Bauland freigegeben in Bachniederungen gegen den Rat der Wasserwirtschaftsämter, die Quittung kam dann prompt.

Diejenigen, die sich ernsthaft und mit Verstand diesem Thema widmen und die Querschnitte berechnen, haben das mit Sicherheit erkannt und dadurch wurden zunehmend die Querschnitte bei Kanalerneuerungen dieser Veränderung angepasst. Was aber erschwerdend dazukam, war die zunehmende Bodenversiegelung durch Asphalt, Pflaster usw. von großen Flächen.

Dass sich nach Neckarsulm 2016 auch so manche andere Institution mit diesem Problem beschäftigt hat, ist kein Zufall:

https://www.xing.com/communities/posts/starkregenereignisse-und-die-zunehmende-bedeutun...

Genauso hast Du mit diesem Satz recht:

In jedem Fall ist aber die Ausweisung eines Areals als Regenauffangbecken die preisgünstigere Lösung.

Der Haken: Das Gelände (Eigentum der Gemeinde oder der Stadt), das man für Rückhaltebecken verwendet, kann man nicht gleichzeitig als Bauland verkaufen....[[sauer]]

Meiner Meinung nach sind zum überwiegenden Teil dort, wo es zu Überschwemmungen kommt, entweder uralte Kanalsysteme in Verwendung, die noch nicht angepasst wurden, oder es wurden sonstige Fehler gemacht. Welche Fehler könnten das sein: z.B. menschliche Dummheit oder Profitdenken.

Beispiel aus unserer Stadt:
Da wurden mit öffentlichen Geldern (denke, da waren auch EU-Gelder mit dabei) vom regionalen Wasser-und Abwasserbetreiber in einer bestimmten Straße die Kanal- und Wasserleitungen erneuert. Mein Fehler: Wenn ich da so bei einer Baustelle vorbeigehe, dann kann ich meine Augen nicht zumachen.

Ich sehe die Dimensionen, die dort verlegt wurden, sehe die Größenordnung der Straße sowie der angrenzenden Grundstücke und schüttle den Kopf. Dann frage ich den zuständigen Fritzen bei dem Klub (klar kenne ich die dort alle), was sie in der Straße für einen Sch. bauen, - das ist doch unterdimensioniert.

Die Antwort: Was ich denn will, - wurde alles nach Plan gemacht. Wer hat denn die Planung gemacht? - Antwort: Die MVM (Mannheimer Versorgungswerke). Was der Kerl nicht wusste, dass ich noch Leute von den MVM aus meiner Tätigkeit in der Kurpfalz her kenne. Ich rief dort an, mit der Frage im Hintergrund, ob sie denn keine Querschnitte mehr richtig berechnen könnten.

Was kam dann heraus: Sie haben eigens auf den Plänen nachgesehen und dann hab ich erfahren, dass man in der Straße, wo die Rumänen ein 250er Rohr verlegt haben, ein 350er Rohr vorgesehen hat. Da diese EU-Arbeiten prinzipiell nicht von der EU oder einem unabhängigen Kontrolleur geprüft werden, sparen sie alles Mögliche ein, rechnen aber nach Planvorgabe ab. Wenn die Gräben zugeschüttet sind, sieht den Hauptkanal sowieso niemand mehr......


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung