Was ist mit Versprechen und Hoffnung?

Silke, Dienstag, 04.09.2018, 21:41 (vor 2055 Tagen) @ Ostfriese2502 Views

Lieber Ostfriese,

sehr schöne Texte, einer wie der andere.[[top]]

Hallo Oblomow,


Wie passt es in die Theorie, dass wir Kindern schon geben, ohne dass

sie

zurückgeben können: nämlich die Sprache. Es beginnt mit dem Namen.

Da bist du noch zu ausgerichtet im ZMS mit den Kindern unterwegs Herr Oblomow.
Wenn du Kinder von Subjekt zu Subjekt behandelst, also sie nicht zu deinem Objekt machst, tun sich interessante Welten auf.
Wenn sie nicht gedrängt, gedrückt, geschoben und gezogen, verbessert, bevormundet, ihre Leistungen bewertet, getadelt und gelobt werden und sie als kleine interessante Menschen akzeptiert werden, die sie nun einmal sind, kommt ihre Hochbegabung zum Vorschein, falls diese noch nicht durch Erziehung ge- oder gar zerstört ist.
Kinder spielen anfänglich mit den Lauten und den Wörtern, drehen diese, setzen neue zusammen, strukturieren Wortgruppen anders, bilden uns unbekannte Formulierungen und zählen anders bis sie immer mehr verbessert, korrigiert und eingeordnet werden und damit aufhören.
Sie bieten phantastische Zusammenhänge und hinterfragen in der "warum"-Phase alles bis man im Adams-Kostüm da steht.
Sie sind intuitiv, verstehen emotionale Zustände und Befindlichkeiten, weil sie es müssen, um zu überleben.
Sie durchschauen jede Lüge und jede Unsicherheit oder Diskrepanz zwischen Sprechen, Fühlen und Handeln. Sie sind aber loyal zu ihren Bezugspersonen bis zur Selbstbeschädigung, weil sie auch das müssen, da diese ihre Versorgung garantieren - egal wie schlecht diese sein mag.
In BRD ist die emotionale Versorgung flächendeckend katastrophal, bevor die Katastrophen der letzten Jahrhunderte aus den Generationen gewaschen werden können und bevor sich neue Katastrophen ausbreiten wie die aktuelle narzistische, egoistische, verdummende, verrohende und digitalisierte Gesellschaft, die am Tropf der Medien, der sozialen Netzwerke und Spielewelten sowie der ganzen unnatürlichen Klammerungen hängen, in denen natürliche Segmente wie Mehrgenerationenfamilien sich Dank staatlichem Streben selbst zerlegen und in Patchworkkonstrukten wiederfinden - atomisiert, instabil verklebt und mit vielen Bruchstellen.

die ursprüngliche Grundlage der formlosen Gewalt, die ein Zwingherr
mithilfe seiner Gefolgschaft über die Untertanen praktiziert, ist der
zentrale Laut. Unser Leben wird vom ersten Tag an durch das Wort, die
Sprache und das
Recht geordnet, so dass die Zentralmachtordnung unsere Vorstellung
von uns selbst und von der Welt gestaltet, prägt, ausrichtet und bindet.

Ja.
Aber meintest du nicht eher formelle Gewalt?
Formlose Gewalt findet sich ansatzweise in segmentären Gemeinschaften (Affekthandlungen, Rache, Blutrache, Fehde) in den kurzen Momenten des Startens von ZMS bei der Zerschlagung der Segmente und in den Bürgerkriegen eines untergehenden ZMS (rechtsfreie Räume in denen alles gemacht werden kann was der Stärkere gegen den Schwächeren durchsetzen kann) bzw in den Angriffskriegen.
Erst wo sich Zwingherren in den Sattel schwingen können, entsteht formelle Gewalt per Rechtsetzung.
Und am Anfang steht nach meinem Verständnis das unhaltbare Versprechen des potentiellen Machthalters (Verschuldung) und die irrationale Hoffnung der Ohnmächtigen auf Besserung ihrer Situation mit folgender Legitimation des Machthalters (Kredit).
Dann erst kommt der ganze Rattenschwanz mit Gewalteinsatz, Zerschlagung der Segmente, Atomisierung der Individuen, Bildung einer ohnmächtigen Masse, der Vorfinanzierungsproblematik, Abgabeforderung, Machtkreislauf, Redistribution, Aufschuldung und mit finalem Zusammenbruch des ZMS wenn die Abgabeerhebung nicht mehr so weit gelingt, dass ausreichend aufgeschuldet werden kann, um die wachsenden Vorfinanzierungslücken wegzusimulieren, bzw. wenn schon die Nachschuldnersuche abbricht oder die Simulation unter Vertrauensverlust aus anderen Gründen endet.

Entscheidend für die Stabilisierung und Legitimierung der Macht ist die
Simulation und nicht der Machthalter selbst.

Ja.
Hoffnung der Masse auf etwas, was nicht machbar ist und Hinwendung der Masse zu strukturell völlig unwichtigen, unproduktiven und obzönen Denk-, Fühl- und Handlungsinhalten oder Hinführung der Masse zum Krieg mit Propaganda usw.

Die Zentralmacht wird nicht
nur durch physische Gewalt gefestigt, sondern vor allem durch Ohnmacht und
religiöse Angst, die uns in unserer individuellen Entfaltung hindern.

Das reicht nicht.
Es braucht immer neue und beeindruckendere Versprechen (Verschuldung/Aufschuldung) und ständig die irrigen Hoffnungen der Ohnmächtigen (Kredit) auf Besserung der Situation, wenn sie nur hart genug rackern.
Ein Beute machender Prügelstaat geht viel schneller unter als ein Steuern und Tribut fordernder und diese Forderungen mit Gewalt besichernder Hoffnung gebender Staat wie die modernen Demokratien.
Nur in dieser sind die Menschen per eigentumsökonomischem Wirtschaften bereit, sich mit dem Bau der Galgenbäume für ihre Kinder von morgen ihr Einkommen heute verdienen zu wollen, jeder in seiner kognitiven Dissonanz für sich hoffend, das die eigenen Kinder von den Folgen seines Tuns verschont bleiben oder erst gar keine Kinder mehr durch das Leben begleitend.

Jean Baudrillard zeigt in seinen Texten, wie uns durch die
Textwerdung der Welt das Potenzial zur Entfaltung genommen wird und
wie letztendlich die Menschlichkeit verschwindet – das perfekte
…

Die Fixierung in Schrift, Zahl und Zeichen tötet die Millionen Möglichkeiten und lässt nur noch eine einzige Deutung der Wirklichkeit zu und keinen Platz mehr für Geschichten, Phantasie und Spiritualität.
Das sie nie aus poetischer oder spiritueller Bedürftigkeit entstand, sondern aus knallharten machtbedingten und daraus resultierenden wirtschaftlichen Interessen dürfte jedem hier klar sein.
Kultur entsteht nicht wegen der schönen Dinge, die sie hervorbringt, sondern zur Legitimierung und Rechtfertigung sowie zum Schutz von Herrschaft, die sich immer mehr vom Schlachtfeld hinter die Schleier zurückziehen kann, um dort irgendwann folgenlos zu versterben, weil das System unbeeindruckt weiter rödelt und vorne seine Führer austauscht, seine Soldaten begräbt und neue Soldaten heranzüchtet, um den Krieg weiterführen zu können – in der Wirtschaft, auf den Straßen, in den Fernsehern und Medien, in den Wohnungen und auf den öffentlichen Plätzen und überall dort wo Potentiale verbraucht und Ressourcen verschleudert werden.
In solch einem Milieu gab und gibt es keine Gewinner, weil ein Zustand der Kohärenz für niemanden zu erreichen ist, der im System so eingezwängt ist.

Liebe Grüße
Silke


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