Danke für das Shoutout

Sojemand, Samstag, 26.05.2018, 14:21 (vor 2134 Tagen) @ Albert2377 Views

Hallo Sojemand.

Hallo Albert. Ich fühle mich richtig geehrt so angesprochen zu werden. Also echt jetzt, keine Ironie oder so und deshalb will ich ausführlich darauf antworten.

Vor dem Euro (und Lissabon)war die EU mehr ein Europa der Vaterländer. Es
gab Kooperation (Airbus z.B.) aber auch Subsidiarität.
Das Rechtssystem war intakt, es gab Grenzen, die Infrastruktur blühte bei
jenen, die fleissig waren. Solide Währungen belohnten die Kaufkraft, es
gab Zinsen, es wurde jenseits sozialistischer Bremsen noch gespart und
investiert. Ein einmal zugelassenes Auto wurde nicht mit Umweltzonen
bedroht(Rechtssicherheit). Politik orientierte sich noch an nationalen
Erfordernissen. Die Meinungsfreiheit existierte zu 90%. Der
Aufwertungsdruck der DM perfektionierte Rationalisierung und technisches
Know how. Weniger wettbewerbsfähige Staaten konnten abwerten. Das deutsche
Ausbildungswesen gehörte zum besten der Welt. Superprofis führten die
Bundesbank.

Die europäischen Völker verstanden sich prächtig.

Das ist alles richtig. Das war halt das europäische Zeitalter, in dem jeder noch viel zu gewinnen und nur wenig zu verlieren hatte.

Und was haben wir heute?

Die EU ist eine vermutlich dem Hegemon geschuldete
Fehlkonstruktion....jeden Tag, den sie in dieser Form weiterexistiert
gefährdet Europa. Vermutlich ist das Europa der Vaterländer die
effektivste Form der Wohlstandsmaschine, weil es statt sozialistischer
Umverteilung und Funktionärsexzessen sowie dubioser Hintermänner
marktwirtschaftliche Mindeststandards setzt.

In einem Punkt stimme ich dir zu. Die EU wie wir sie Heute sehen ist in großen Teilen von den USA mit aufgebaut worden und da Uncle Sam das nicht selbstlos tat, sicherlich mit einer großen Portion Eigeninteressen "build in" sozusagen. Man kann das sehen wie man will, aber es hilft nicht, sich über Geschichte zu grämen und wie es hätte besser laufen können, denn es hätte ja schließlich auch schlechter laufen können.

Zum Europa der Vaterländer gab es glaub ich mal eine Diskussion (vor zig Jahren im TV), warum wir die EG nach dem Vorbild der Römischen Verträge von 1957 nicht beibehalten haben, da es ja so toll funktioniert hat. Warum musste dann Maastricht her?

Das Argument war, dass sich die Weltwirtschaft innerhalb dieser 30 Jahre so drastisch verändert hat, dass die EG "den Herausforderungen eines globalen Marktes" in dieser Form nicht mehr gewachsen sei. Nun, ich halte das höchstens für die halbe Wahrheit und sicher nicht für den Hauptgrund, schon allein deshalb, weil diese Aussage über die Staatskanäle lief und das auch heute noch eines der top Argumente für die EU ist.

Zweifellos hätte man die EG in der damaligen Form problemlos weiterführen können. Jetzt, nach Lissabon, kann man im Nachhinein sehen, wo es wirklich hingehen sollte. Auch wenn ich nicht alle Informationen besitze, um diese Multigenerationen-Entwicklung in Gänze verstehen zu können, so offenbart sich doch der Grundgedanke dahinter und er ist, wie ich finde, ein Guter.

Ich denke, nach dem Ende der Kaiserreiche und der völligen Vernichtung besonders der Deutschen Vergangenheit durch die zwei Weltkriege (aus welchen Gründen auch immer), musste ein kluger Mensch nach 1945 einsehen, dass die "alte Welt" endgültig tot war. Alles was Europa über 2000 Jahre geprägt hatte war weg. Man muss das in seiner ganzen Tragweite zu verstehen versuchen. Es waren nicht nur die Bauwerke, sondern viel schwerer wog, dass in den Köpfen der Menschen die Wurzeln zu ihrer Vergangenheit ausradiert wurden. Was der erste Weltkrieg übrig ließ hat der zweite dann ausgelöscht. Von da an wurde nichts mehr vom "Vater an den Sohn" weitergereicht, da die Väter tot waren und die Söhne im geschichtlichen Vakuum aufzuwachsen begannen.

Unter solchen Umständen kann man keine dauerhaft stabile Gesellschaft errichten. Schau uns doch Heute an. Der Deutsche Mann ist Abbild dieser Entwicklung. Er weiß weder wo er herkommt, noch wo er hin will.

Ich gehe davon aus, dass dies bereits kurz nach dem letzten Krieg einigen zu dämmern begann und nachdem die USA (zu unserem Glück), den Morgentau-Pan dank Roosevelt nicht umgesetzt hatten, entschied man sich für eine andere Lösung. Man goss ein Mischmasch aus Amerikanischer, Französischer und Britischer Kultur zusammen und nannte es "Grundgesetz". Und mal ehrlich, sie haben sich echt Mühe gegeben, einen freiheitlichen liberalen Nährboden zu schaffen, auf dessen Grundlage sich eine neue Ordnung formen konnte. Und es war erfolgreich.

Im Weiteren gehe ich ebenfalls davon aus, dass man das "tote Herz" Europas nicht sich selbst überlassen wollte und auch nicht konnte, was dann in den römischen Verträgen mündete. Ich denke, dass die Aussage "nie wieder Krieg" für Europa aufrichtig gemeint war und noch immer ist und zumindest eine entscheidende Triebkraft für alles weitere war. Den USA kam das natürlich zu pass, eine Militärmacht weniger als Konkurrenz um die globale Vorherrschaft.

Ich bin der Überzeugung, dass damals schon einige Vordenker erkannt haben, wie instabil ein Kerneuropa ist, welches nicht durch eine gewachsene Geschichte zusammengehalten wird. Die logische Schlussfolgerung daraus ist, ein größeres Gebilde zu schaffen, welches Kerneuropa sozusagen in sich aufnimmt und assimiliert. Hast du dich nie gefragt, wieso immer von einer "Europäischen Kultur" gesprochen wird? Ein "Gemeinsames Europa", die "Europäische Identität"?

Auch wenn es Heute einige "Pseudo-Nationalisten" gibt, die um den Verlust der "Deutschen Identität" fürchten und allenthalben einen "deutschen Völkermord" beschwören, so ist sich doch kaum jemand darüber im Klaren, dass es das "alte Deutschland" nicht mehr gibt. Das deutsche Kaiserreich war das letzte Gebilde, was noch eine gefestigte Kulturelle Identität hatte, die sich mit der USA zum Beispiel vergleichen ließe. Nach 45` gab es nichts mehr, was man auch nur annähernd mit einer "Kulturellen Identität" beschreiben könnte. Und so schmerzlich es auch ist, das wird es nie wieder geben. Wir müssen uns eine neue Identität schaffen. Es ist doch interessant, welche Antworten die Menschen geben, wenn in den Medien gefragt wird "was ist Deutsch?". Schau hin und erkenne die Leere die hinter den Antworten steckt.

Der Weg, hin zu einem großen Europäischen Staat, in dem die Grenzen Deutschlands in der heutigen Form verschwinden werden und sich andere kulturelle Einflüsse beginnen werden auszubreiten, ist meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, ein dauerhaft stabiles europäisches Kernland zu erhalten. Klar, besonders eine schwache und ziellose Männlichkeit läd andere, stärkere maskuline Kulturen geradezu ein (Islam z.B), hier den Versuch zu starten Fuß zu fassen. Eine verwirrte und ebenfalls ziellose Weiblichkeit (Gender-Bender-Feminazis) leistet dem ebenfalls Vorschub.

Zweifellos wird es kräftig rappeln im Karton, wenn sich das Gleichgewicht wieder einzustellen versucht. Werden wir eine total irre Linksfaschistische Regierung sehen? Möglich. Wird das kollektive Gedächtnis Deutschlands sich in größeren Identitären Bewegungen zeigen und anfangen, den Rest von dem was noch da ist zu bewahren versuchen? Schön wäre es. Wird es Gewalt geben? Sehr wahrscheinlich.

Allerdings hoffe ich im Grunde meines Herzens, dass Europa nicht daran zerbricht. Ob der Euro bleibt oder Subwährungen entstehen, ob Wirtschaftskrisen kommen oder das Finanzsystem sich als letztendlich instabil erweisen wird (was es ja seit 2008 sporadisch tut), ist da nachrangig und ist für mich auch kein KO-Kriterium für ein geeintes Europa.

Alles in Allem steht und fällt mit Europa sehr viel mehr als nur Konzerne und Renten, Flüchtlinge und Bürokratie. Wenn Europa zerbricht, wie es einzelne ja gerne fordern und herbeiwünschen, dann muss sich ganz besonders Deutschland warm anziehen, denn wir sind auch Heute noch kaum mehr als eine "virtuelle Kultur", die im Vakuum der Geschichte schwebt und nur überlebt, weil wir eingebettet in Kerneuropa von allen Seiten geschützt die letzten 70 Jahre in Ruhe gelassen wurden.

Einem stinkenden despotischen Vater gehorcht kein Kind gerne und auf
Dauer. Und erst recht keinem Vater, der das Zuhause mit dem Prekariat der
Welt füllt und die Familie umvolkt.

Liebe Grüsse

Albert (der ein Europa der Vaterländer (und einer nationalen
Mindestidentität und demokratischen Teilhabe)liebt)
Ps.Das macht auch Trumps Erfolg aus

Ja, ich verstehe deine Motivationen sehr gut. Aber mache dich doch selbst nicht kleiner als du bist. Wir sind keine Kinder und haben auch keinen despotischen Vater.... oder, naja, irgendwie doch schon. Wir sind nie wirklich erwachsen geworden, aber die Politik hat daran nur bedingt Schuld.

Weißte was, es ist keine Leistung aus einer durch und durch maskulinen Kultur zu kommen und hier den dicken Hans raus zu lassen, weil es hier scheinbar nur Weicheier gibt. Was eine wirkliche Leistung wäre ist, wenn es Deutschen Männern gelingen würde, im Lichte der Gegenwart, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen und sich Eier wachsen zu lassen, sich dem Kulturellen Druck entgegen zu stellen und sich dadurch nicht nur selbst zu behaupten, sondern damit auch einen Teil der eigenen Identität neu zu erschaffen. Nur wenige Völker haben das in der Geschichte geschafft. Die meisten sind verschwunden.

Und wie es immer ist, ohne diesen Druck gäbe es keine Notwendigkeit zur Veränderung. Daran sollte man auch immer denken.

In diesem Sinne.
Sojemand


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