Handy am Steuer: Lapalie oder Mord?

helmut-1, Siebenbürgen, Donnerstag, 24.05.2018, 12:28 (vor 2135 Tagen)4349 Views

Ist ja irgendwo ein Thema , das viele verschieden betrachten, das viele in positivem oder negativem Sinn kommentieren.

Die Frage ist nach dem Ultimativen. Sieht ein Uniformierter jemanden, der ein Handy in der Hand hält, während er am Steuer sitzt, dann gibts Strafe und Belehrungen. Die Frage stellt sich nach der Verhältnismäßigkeit, - besser gesagt, nach dem Gefahrenmoment. Wenn jemand ein Mobiltelefon in der Hand resp. ans Ohr hält und spricht, während er steuert, dann ist er eventuell in der Konzentration abgelenkt.

Das ist´s aber auch dann. Denn der Telefonierer schaut auf die Fahrbahn und registriert den Verkehr. Wenns zu einer brenzligen Situation kommt, dan lasse ich im Zweifelsfall das Handy fallen und nehme das Lenkrad in beide Hände.

Ich gehöre nämlich auch zu denen, die am Steuer telefonieren. Nicht, dass ich jemanden anrufe, - das hat Zeit, - aber ich nehme Anrufe an. Dabei kann ich zwar nicht auf dem Display nachsehen, wer da nun anruft, - aber ich habe zwei Handys. Wenn man auf dem offiziellen anruft, dann geht mir das irgendwo vorbei. Bei anderen weiß ich, dass nur meine Frau oder die Sekretärin anruft, und da muss ich dann abheben.

O.k., lassen wir die "Rechtfertigungen" fürs Mobiltelefonieren am Steuer mal auf der Seite. Obwohl ich nicht einsehe, dass ich mich dann, wenn ich - ohne den Blick von der Fahrbahn zu wenden - auf die von mir gefühlte Taste am Handy drücke, wenns klingelt, und ich spreche dann, in ein Gefahrenmoment begebe oder auch andere dadurch gefährde. Da ist und bleibt für mich höhere Mathematik.

Anders ists bei den Smartphones mit SMS und sonstigen Bildinfos. Da ist man gezwungen, auf das Ding zu sehen, dass man in der Regel im Bereich unterhalb der Windschutzscheibe hat. Genau da fängts an, gefährlich zu werden. Geht bei mir nicht, ich hab ein ganz "modernes" Handy (Nokia 1100) und war geistig damals so gesegnet, dass ich mir für die ganze Firma diese Dinger angeschafft habe. In diese Viecher kann kein Hacker einsteigen, habe ich mir sagen lassen.

Ich will aber mit so einem Handy nur telefonieren, und nur das, und mir keine Filme aus dem Net ansehen.

Meinem Jüngsten habe ich das im Original vorgeführt, wie ein Auto aussieht, von jemanden, der während des Fahrens eine SMS abgesendet hat. Der hat einen mit Holzstämmen voll beladenen Laster die Böschung hinuntergekippt. Hat ihn frontal auf der Ecke des Führerhauses erwischt. Wie der Fahrer ausgesehen hat, - lassen wir das mal auf der Seite. Wir waren grade unterwegs zu einem schönen Tanzabend in einer anderen Stadt, und es ist vor uns passiert. Mein Glück, dass ich beim Parras auch für sowas ausgebildet wurde, - ich habe das getan, was notwendig war, bis der Notarzt eintraf, und ich habe auch keine Probleme, wenn ich dadurch mit Blut verschmiert werde. Meine Frau eher, denn die musste das dann alles rauswaschen.

Mein Jüngster hat sich das gemerkt, ich hab ihm den Unfallwagen gezeigt. Er ist geheilt.

Warum schildere ich das so umfangreich:
Ich dachte, ich bin mit allen Wassern gewaschen und hab ein dickes Fell. Anscheinend gibt es doch Grenzen.

Was ist passiert:
Da sind mehrere aus einem kleinen Dorf aus Rumänien in die Slowakei zur Hopfenernte gefahren. Das wird heutzutage alles organisiert, - die Agenturen kassieren das Geld ein, für das sie eigentlich kaum was machen. Was die machen, ist, den Hin- und Rücktransport zu organisieren. Da waren die Kerle in der Slowakei fertig, und sie wurden von einem Fahrer in einem Kleinbus abgeholt, damit sie wieder nach Hause kommen.

Der Haken dabei: Der Fahrer war ein Typ Chauvi, eine Art Macho, - ein Chaot. Er stand - nach den Aussagen von Bekannten - über allem. Fuhr auf der M4 von Budapest Richtung rumänischer Grenze. Ich kenne die M4, hab sie x-mal genossen. Kenne auch die Gefahren, - hab auch dort schom mehrere Tote gesehen. Der letzte war ein 14-jähriger Junge auf dem Fahrrad.

Was machte er: Beschäftigte sich mit seinem Smartphone, überholte einen Kieslaster und war dann so mit seinem Handy beschäftigt, dass er den entgegenkommenden Laster, voll mit Sand beladen, gar nicht bemerkte. Obwohl die Insassen schrieen und ihn darauf aufmerksam machten.

Fazit:
Der Mann steuerte den Kleinbus frontal mit voller Geschwindigkeit in den entgegenkommenden Sattelschlepper mit 40 to, und das hatte zur Folge, dass es einen hässlichen Unfall gab, wobei alle Insassen ( 9 Personen) verstarben.

Das Makabre dabei, - der Mann hatte eine Bordkamera, die seinen Unsinn noch filmte. Vorher war er selbst noch auf dem Video zu sehen:

https://alba24.ro/foto-video-tragedie-in-ungaria-un-microbuz-de-mures-s-a-izbit-de-un-c...

Es spielt keine Rolle, wenn das alles in rumänisch zu lesen ist, - die Bilder sprechen eine klare Sprache.

Wenige aber kennen die Hintergründe. Alle Unfallopfer außer dem Fahrer, stammen aus einem kleinen Dorf in Siebenbürgen. Gar nicht weit von uns entfernt. Ich kennne das Dorf, fahre dran vorbei, wenn ich in ein Weingut fahre, das ein Südtiroler in Siebenbürgen aufgebaut hat. Es ist ein kleines Dorf, - die Leute fuhren in die Slowakei, um dort bei der Hopfenernte innerhalb einiger Wochen ein - für Rumänien - höheres Einkommen zu erzielen.

Der eine wollte sich ein Bad in seinem Bauernhaus installieren, der andere sein Dach neu decken, - jeder hatte mit dem Geld etwas vor. Leute, die einfach nur dort arbeiten wollten, wo sie einen höheren Gegenwert für ihr Arbeit erzielen, um an ihrem Anwesen etwas zu verbessern. Duch Arbeit, wohlgemerkt, nicht durch Klauen. Gelernt haben sie nichts Besonderes, es sind einfache Leute, aber für einfache landwirtschaftliche Tätigkeiten, für die man in den anderen Ländern in Europa sowieso kaum mehr jemand findet, da waren sie zu gebrauchen.

Das Ergebnis: 16 Halb- oder Vollwaisen in einem einzigen Dorf, - über Nacht. Ehemänner, Söhne, Schwiegersöhne, - es sind Verluste, die niemand vorher in Betracht gezogen hätte. Ich weiß nicht, ob ich da übersensibel reagiere, - aber es macht mir die Augen nass, wenn ich mir das bewusst mache. Obwohl ich diese Leute persönlich gar nicht kenne.

Wiederum zur Frage, warum ich das so dezidiert schildere:
Es geht um die Verhältnismäßigkeit. Da wird auf die Kerle, die ein Handy am Ohr haben, während sie fahren, herumgebollert. Obwohl diese Leute immer auf die Fahrbahn schauen und alles mitbekommen, was abgeht.

Das, was wirklich eine Gefahr darstellt, nämlich sich mit dem Smartphone zu beschäftigen, das auf den Knien liegt, das kriegt keiner mit, auch kein Polizist. Genau das aber kann tödliche Konsequenzen haben. Wie in dem geschilderten Fall.


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung