Einspruch!!!

Köpi, Berlin, Samstag, 10.03.2018, 21:56 (vor 2228 Tagen) @ Dieter3790 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 10.03.2018, 22:03

Hallo Dieter,

Hallo Otto Lidenbrock,

die Hartz-IVer, die ich pers. kenne, leben hervorragend und nach meiner
Beobachtung auch recht sorgenfrei (die meisten davon sind alleinerziehende
Mütter).
Es sind keine Nutzer und Besucher von Tafeln.

Insofern kann ich die Aussage von Spahn nur unterstreichen.

Gruß Dieter


zufällig kenne ich das Leben auch aus der Hartz4 Perspektive und habe diverse Menschen aus diesem Umfeld kennengelernt.
Also von einem hervorragendem und sorgenfreien Leben kann ich nicht berichten.

Im Gegensatz zu Deinen alleinerziehenden Müttern sind das alles allerdings Singles. Also abgesehen von der Warmmiete zahlt das Jobcenter z. Zt. 416,- € monatlich für einen alleinstehenden. Bei mir gehen davon 50,- Strom, 20,- Festnetz/DSL, 9,99 Handy und 27,50 für das Sozialticket (Bahn/Bus) in Berlin ab.

Es verbleiben mir also 308,51 zum leben. Ich versuche in der Woche mit 50,- Kostgeld auszukommen (7,14/täglich), dann kann ich mir am Monatsanfang ca. 85,- Euro in meine Spargroschenzigarrenkiste legen und mich ein paar Tage am Reichtum erfreuen.

Ich koche auch gerne und kaufe mir nach Möglichkeit preiswerte und frische Lebensmittel. Nicht unbedingt immer die allerbilligsten, aber gerne herabgesetzte zum Feierabend. Ich mag kein Industriebrot und kaufe lieber beim Handwerksbäcker, da kostet ein 500g Kartoffelbrot aber auch 2,60.
Ich esse gern Tilsiter Käse der 1,29-1,49/100g kostet und nicht die 400g Industriekäsepackung ohne Geschmack für 1,69.
Einen schönen Appenzeller, gute Italienische oder spanische Käsesorten aus der Bedienabteilung muss ich mir verkneifen.

Eier kaufe ich die Bio Eier vom Discounter, den Besuch bei Denns oder Bio Company kann ich mir nicht leisten. Ich rauche nicht, und trinke nur Gutshauspils für 0,25€.

Wie diese Beispiele verdeutlichen, komme ich wegen meinem hervorragenden Lebensstil nicht mit den geplanten 50,-€/Woche hin und vergehe mich mehrmals im Monat an meinen Spargroschen aus der Zigarrenkiste.

Letztendlich ist am Monatsende das gesamte Geld alle und ich bin heilfroh, dass ich damit auskam und keine Schulden habe.
Was ich mir allerdings nicht leiste, sind Kino, Kneipe, Restaurant, Schwimmbäder/Sauna etc., Wochenendausflüge ausserhalb Berlins (da komme ich ja für 27,50 überall hin) und Urlaube sowieso.
Als Mutter noch lebte hat sie mal eine Kurzreise an die Ostsee spendiert. Als ich das Meer nach einer Fahrt über einen Hügel erblickte schossen mir Tränen in die Augen, denn ich hatte die See jahrelang nicht gesehen.

Und weist Du Dieter was das schlimmste ist:
Als Hartzi musst Du so sehr sparen, dass darunter die Sozialkontakte leiden.
Es hat aber auch einen extremen Vorteil wenn Du Single bist:
Du stehst zwar nicht auf der Wunschliste einsamer Damen, aber wenn sich eine tatsächlich mal in Dich verlieben sollte, kannst Du sicher sein sie liebt Dich wirklich von Herzen und nicht wegen Deinem Geld und den Besitztümern.
Parship für Singles mit Niveau ist aber nicht drin, ein kostenloses Bumsportal a' la Badoo muss reichen, denn für Hartzis werden keine Kuppeltreffen, wie für Musels veranstaltet. Die Goldstücke sind ja auch viel wertvoller als ein eingeborener Querulant

Ich kenne übrigens auch Leute die zur Tafel gehen.
Da ist z. B. eine Frau, die eine Enkelin hat, die sie über alles liebt und ihr auch einmal ein Geschenk machen möchte. Dann hat sie noch mehrere Schwestern sowie Nichten und Neffen, ständig hat einer Geburtstag. Obwohl sie schon meist mit Liebe gebastelte Sachen verschenkt kostet das Material ja auch was....

Dann kannte ich mal jemanden der nicht nein sagen konnte und etwas über die Verhältnisse lebte weil ihr z.B. ein Telekom Vertrag mit Fernsehen und Pipapo für 65,- mtl. aufgeschwatzt wurde. Dann noch das eine und das andere und meine Berechnungen ergaben, das sie im Monat 110,- Kostgeld hatte. Zum Glück arbeitete sie bereits ehrenamtlich bei der Tafel und wurde versorgt, während ich einige Verträge kündigte und bereinigte.

Ganz schlimm ist auch ein Zuverdienst in wechselnder Höhe zum AlG II. Da zählt für das Jobcenter der Zufluss aufs Konto und es geht ganz schnell dass sie Rückforderungen stellen, nur weil der AG den Verdienst vielleicht zum ungünstigen Zeitpunkt überwiesen hat. Da habe ich Fälle gehabt, die wegen Ihrem Zuverdienst praktisch in eine Schuldenfalle tappten, obwohl sie eben nicht faulenzen sondern etwas arbeiten wollten

Lange Rede - kurzer Sinn:
Von einem hervorragendem und sorgenfreiem Leben ist Hartz4 noch etwas entfernt: Sozialkontakte auf Sparflamme, das Geld reicht nur bei eiserner Disziplin ohne Extras und was ich noch nicht erwähnte:
Lass mal zu Hause irgendein Gerät kaputt gehen und Du brauchst eine Neuanschaffung. Ohne Rücklagen (für die das Geld im Prinzip nicht reicht) biste am Arsch.
Bei der Sozialhilfe gibt es immerhin noch Kleidergeld und Anschaffungsbeihilfen. Also für junge Menschen, die sich ihr Leben aufbauen wollen ist Hartz4 wirklich schlimm und ich verstehe den Horror, den sie davor haben.

So, das wars für heute.
Ich flieg jetzt nach Malle und hartze chillend auf meiner Finca,
das Leben ist so hervorragend und sorgenfrei.

Jetset Grüße von über den Alpen<img src=" />)


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