Das Ringmodell der Machteliten

Kosh, Dienstag, 06.03.2018, 12:47 (vor 2215 Tagen) @ Phoenix55661 Views

In Ergänzung zu @Rybezahls Aussagen möchte ich sagen, dass ich Eliten nicht für derart geeignet halte, perfekt elitär zu sein. Sie sind wie wir alle nur Homo sapiens.
Es stellt sich auch die Frage, ab welcher Bevölkerungsschicht / -gruppe man von Eliten sprechen kann, wenn man einen MASSgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft voraussetzt. Man möge bitte nicht davon ausgehen, dass ich das Buch von Krysmanski gelesen habe. Vielmehr tauchten vor über 10 Jahren gute Zusammenfassungen im Spinnennetz auf, die ich heute so nicht mehr finde. Aus seinem Buch "Hirten & Wölfe":

-> http://www.uni-muenster.de/PeaCon/hw-online/06-krys-woelfe.htm
Ein Ringmodell der Machteliten
Das Motiv einer ‘Ringburg’ durchzieht mehrere Texte dieses Buchs. Damit ist keineswegs Harmonie und Konfliktfreiheit zwischen den Gruppen impliziert, wohl aber gemeinsame, um den Geldreichtum konzentrierte Interessen.

Zum Kern und den 3 Ringen drumrum:

- Den innersten Kern bilden die Superreichen: Sie unterscheiden sich von den Reichen dadurch, dass sie in keinerlei Gefahr schweben, ihre Vermögen durch irgendwelche Umstände plötzlich zu verlieren. Im Gegensatz zu den Reichen können die Superreichen absolut ruhig schlafen.
… Und mit diesem Reichtum geht außerordentliche soziale Macht einher - die Macht, Politiker, Publizisten und Professoren einzukaufen, die Macht, die Politik des Gemeinwesens ebenso wie die Politik der Konzerne zu diktieren. …

“Schweben in keinerlei Gefahr” dürfte in etwa erklären, wie es zur Diskrepanz zu Deiner Aussage kommt, ”dass dieser Polit- und Geldadel nicht einmal so viel Selbsterhaltungstrieb mehr hat”. Allerdings bezweifle ich, dass es den Angehörigen des 1. Rings wesentlich schlechter ergeht, sollte es hart auf hart kommen.

- Den ersten Ring um den Kern der Superreichen nennen wir den CEO-Komplex: Die Chief Executive Officers großer Unternehmen, Versicherungen, Investmentfonds usw. bilden zusammen mit den Superreichen den magischen Zirkel der oberen Zehntausend. Diese Zahl ist seit Jahrzehnten konstant geblieben, schreibt Geneva Overholser, auch wenn andere diese Gruppe betreffende Zahlen unablässig steigen.
… Auch die Chief Executive Officers der größten Militärorganisation aller Zeiten, die US-Generäle, gehören zum CEO-Komplex. …

Nicht wenige Angehörige sind Teil von Dynastien, die schon mehr als eine “Superkrise” überlebt haben. Warum sollte die nächste Krise anders verlaufen? Notabene werden deren Kinder nicht auf Armut abgerichtet, sondern wenn schon auf Überleben in dem vorgestellten Modell. Dass es Auf- und Absteiger gibt, liegt im ureigensten Interesse dieser Dynastien, um das System zersetzende Eigenschaften zu eliminieren und förderliche zu einzubinden. Wenn einige auf der Strecke bleiben, gehört das zum Geschäftsriksiko einer mittel- bis langfristigen Strategie.

- Den zweiten Ring um das Zentrum des Private Wealth bevölkert die politische Klasse im weitesten Sinne. Dazu gehören nicht nur die Spitzen der Regierung, der Parteien usw., sondern auch andere Gruppen, die mit politics befasst sind: Verbandsfunktionäre, Rechtsanwälte, politische Beamte und die maßgeblichen Medienleute. Sie vermitteln auf die eine oder andere Weise zwischen den oberen Zehntausend und der restlichen Gesellschaft, den Massen. Sie halten das ganze System einigermaßen stabil und mehren nicht nur den Wohlstand der Superreichen, sondern kümmern sich, trotz ständiger Umverteilung von unten nach oben, auch um ein Minimum an Verteilungsgerechtigkeit. Denn dieses ist die ureigenste Aufgabe der politischen Klasse. …

Bei dieser Gruppe sehe ich schon eher Schutzbedarf. ”Das ganze System einigermaßen stabil” zu halten, liegt darum in ihrem übergeordneten Interesse. Von ihnen besondere Weitsicht zu erwarten, widerspricht ihrer gegenwartsbezogenen Funktion.

- Den Außenring um die oberen Zehntausend und die politische Klasse schließlich bildet die Schicht der Technokraten und Dienstleister: In diesem Millionen-Heer von Beratern, Experten, Helfern aus allen Bereichen der Gesellschaft (Wissenschaft, Medien, Kultur, Technik usw.) finden sich auch viele Angehörige der Mittelschichten bis hin zu dienstbaren Geistern, Chauffeuren, Physiotherapeuten, Köchen, Sicherheitspersonal.

Spätestens im Aussenring dürfte auch so mancher Forist zu finden sein, dessen Eigeninteressen auf den Erhalt seines Vermögens hinaus laufen - DasGelbeForum, Börse & Wirtschaft &.

Angesichts der ewigen Gelben Gesellschaftskritiken dürfte einleuchten, dass sowohl unsere unkaputtbare Uneinigkeit in Kombination mit teils fehlendem Interesse kaum dazu angetan sind, eine MACHTvolle MASSEnbewegung anzuschieben, die sich bis in den innersten Kern der Superreichen fortsetzt, geschweige denn weit über den Aussenring.

Ob diese Superreichen dieses Phänomen bewusst wahrnehmen oder ob es eine Frage der Erfahrung ist, spielt keine Rolle, es ist diese normative Kraft des Faktischen, wir, die wir alternative Modelle erschweren oder verhindern. Jedenfalls meine ich, dass mindestens der Kern als auch die Ringe 1 und 2 ein erhöhtes Interesse an Insolvenzverschleppung haben, zumal die meisten für sich in ihrer Spezialisierung kaum eine Gesamtüberblick haben, selbst wenn sie die Zeit dazu hätten, und man sich auch in Aussenring alles andere als einig ist, ob oder was man verändern sollte, Krysmanski aber bereits von einem Millionenheer spricht. Die übrige Population dürfte gleichfalls zerstritten sein oder hat grundsätzlich das Interesse daran verloren oder nie welches gehabt.

M.a.W. “sie alle, wir alle” - Ausnahmen bilden eine Minderheit - PRofitieren in der einen oder anderen Form vom System Homo sapiens. Solange aber PRofite vorhanden sind, ist noch Suppe da, wie es in diesem Forum früher jeweils hiess.

Dies alles zusammengenommen führt mich zur nicht gerade steilen Hypothese, dass gesellschaftliche Veränderungen anders funktionieren, als die meisten Systemkritiker es wahr haben wollen.

Die Amis auf Kurs
Grüsse
kosh

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PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.


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