Imperien

Diogenes Lampe, Dienstag, 13.02.2018, 14:00 (vor 2226 Tagen) @ Zarathustra5906 Views

Hallo Zara,

Kein Imperium hat je einen Interessenausgleich der Staaten angestrebt.
Angestrebt wird stets mehr Macht im Kampf um Kontrolle und Einfluss, und
dies mit kriegerischen Mitteln.

Ich denke, Sie irren sich. Natürlich waren Imperien immer auch auf Interessenausgleich angewiesen, sonst hätten sie sich weder bilden noch ausdehnen können. Der Hauptzweck von Imperien besteht in der angestrebten Macht über die Ressourcen anderer. Aber ohne einen gewissen Interessenausgleich kann das nicht funktionieren und hat es auch nie. Daher ist schon mal der erste und der wichtigste Interessenausgleich mit seinen eroberten Staaten, die es als seine Kolonien beherrschen und ausbeuten will, das Sicherheitsversprechen.

Imperien gingen aber stets dann im inneren Zusammenhalt zu Bruch, sobald dieses Sicherheitsversprechen nicht mehr gewährleistet werden konnte.

Das ist bei China und Russland nicht anders
als bei anderen Imperien.

China ist wie z. B. Persien (Iran) auch, kein Imperium, wohl aber eine Kontinentalmacht. Das ist nicht dasselbe. Russland hat seine imperialen Ambitionen nach dem Sturz der Romanows und Trotzkis und nach dem Tod Lenins unter Stalin aufgegeben. Das ist eine historische Tatsache. Die Doktrin der Sowjetunion war wie die vom China Maos zwar im Sinne des "Internationalismus" durchaus eine imperiale Utopie, der man mit allen propagandistischen Mitteln anhing. Mao und Stalin aber wußten, dass die Voraussetzungen, den Machtkern für ein sozialistisches bzw. kommunistisches Weltimperium zu bilden, zunächst die eigene wirtschaftliche Entwicklung als Nationalstaat ist, was mit ein Grund für ihre berüchtigten Säuberungen im eigenen Parteiapparat gewesen war, die vor allem auch Juden als jesuitische Internationalisten bei den Schauprozessen der 30er Jahre zum Opfer fielen; sogar Trotzki im mexikanischen Exil.

Über die Wichtigkeit des ökonomischen Gleichziehens mit den Westmächten als imperiale Voraussetzung machten sie sich jedoch keine Illusionen. Doch genau diese wirtschaftliche Notwendigkeit zum eigenen Staatserhalt führte dann zur Abhängigkeit vom westlichen Kapital und somit zum Untergang des Kommunismus als Weltkommunismus. Er wurde unter den Nachfolgern Stalins und Maos zum Nationalkommunismus, weil zuerst einmal der Staat als solcher funktionieren musste, ehe er zum Machtzentrum eines Imperiums hätte werden können. Der Ostblock, der sich nach dem 2. Weltkrieg bildete, war ja auch defacto kein Imperium, sondern eine Art Schutz-Reaktion der Siegermacht Sowjetunion auf die imperiale Geopolitik der Transatlantiker im Kalten Krieg, also eine Abwehrmaßnahme, die propagandistisch natürlich mit der Utopie vom Weltkommunismus legitimiert wurde. Stalin hat z. B. eine Teilung Deutschlands nicht gewollt. Wohl aber die Westmächte. Die BRD ist vor der DDR gegründet worden.

Deshalb zählte zu den ersten und zentral wichtigsten Aufgaben dieser kommunistischen Diktaturen die Industrialisierung des eigenen Landes um beinahe jeden Preis, um dem Transatlantischen Imperium überhaupt etwas entgegensetzen und sich somit gegenüber den beherrschten Völkern legitimieren zu können. Doch gleichzeitig wurden sie gezwungen, durch das Wettrüsten einen enormen Aufwand an Ressourcen an das eigene Militär zu binden, was letztlich eine wirtschaftliche Angleichung an das westliche Imperium unmöglich machte. Stichwort: Wettrüsten!

Dem zumindest ideologisch natürlich marxistisch imperial ausgerichteten Kommunismus war dies mit seinem Wirtschaftssystem, der Planwirtschaft (als Kriegs -bzw. Notwirtschaft im wilhelminischen Kaiserreich zuerst eingeführt und von den Bolschewisten übernommen, deren Machtergreifung von der deutschen Regierung unter Wilhelm II. überhaupt erst ermöglicht wurde) jedoch nie gelungen. China, das damals noch weit weniger entwickelt war, hat es mit dem langen Marsch auch nicht vermocht, aufzuholen. Erst recht nicht mit seiner Kulturrevolution. Erst Deng Xiao Ping, den ich für weitaus größer halte als Mao, hatte die Krise des Kapitalismus erkannt und den pseudosozialistischen US-Neoliberalismus, der Ausdruck dieser Krise ist, ausgenutzt, um China im Eiltempo zu industrialisieren und somit zur ersten Weltwirtschaftsmacht und dazu zum ersten Gläubiger des westlichen Finanzsystems aufzusteigen.

Heute haben sich deshalb die Voraussetzungen geändert. Russland wie China haben aus ihrer Geschichte gelernt. Weder kann Russland China beherrschen noch China Russland. Beide sind auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen und bilden jetzt zusammen mit den USA unter Trump, der den imperialen Fraktionen eine deutliche Abfuhr erteilt hat, die drei wichtigsten Großmächte auf dem Globus, um die sich die weniger mächtigen Staaten herum gruppieren und ordnen. Deshalb werden Allianzen und nicht Imperien in Zukunft die Weltpolitik bestimmen. Die Stellvertreterkriege in Eurasien sind Zeugnis dieses Prozesses.

Wer im Zuge des Untergangs des Westens das Heil
durch die Imperien im Osten erwartet, der erwartet das Einhorn.

Man könnte aber auch sagen, wer Russland und China als Imperien ansieht, glaubt an das Einhorn.

Aus Hass
auf die eigenen Herrscher werden ferne Herrscher bejubelt. Ausserdem
umfasst das Abendland mittlerweile auch Japan, Südkorea und zunehmend auch
China und Russland. Der westliche Lebensstil ist längst globalisiert, und
wenn er fällt, fällt er global.

Was bitte ist der "westliche Lebensstil"? Ich kenne einen Haufen westlicher Lebensstile. Verwenden Sie den Begriff hier nicht eher als globalistischen Propagandabegriff des Transatlantischen Imperiums?

Was viele Völker inzwischen nach Russland drängt, ist eben nicht, einem fremden Herrscher eines fremden Imperiums zuzujubeln, sondern sie jubeln, wenn schon, dem Nationalstaatskonzepten des Multilateralismus Russlands und Chinas zu.


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