Die grosse Mehrheit ist schuld an verschwindend kleiner Minderheit

Kosh, Montag, 29.01.2018, 15:01 (vor 2271 Tagen) @ Ulli Kersten3501 Views

Persönlich favorisiere ich den Begriff Verantwortung, gebe aber gerne zu, dass Schuld und Sühne auf ein sehr viel umfassenderes Wohlwollen treffen, wenngleich Zweitere bevorzugt sich im Konjunktiv erhebt.

- Falls die Zuschriften aber repräsentativ sind, …

Die Konklusion aus falschen Prämissen ist allerdings Volkssport. 1000 selbst berufene Kritiker dividiert durch 82Mio Deutsche = 0,0000122 aller Deutschen.
0,00122% der Gesamtbevölkerung haben demnach einen Brief geschrieben, ohne eine zufällige Stichprobe zu repräsentieren.

Andererseits, solltest Du richtig spekuliert haben und Deine Prämisse wäre richtig, stündest Du trotzdem vor einem Problem: Wie schafft es die Mehrheit, trotz schallender Kritik gegen die Minderheit diese trotzdem zu installieren? Antwort: Indem sie sie wählt, ihre PRodukte kauft / finanziert / konsumiert etc. etc. Unerheblich was in Leserbriefen oder an Stammtischen in die Runde geworfen wird, an der Wahlurne und im Einkaufswagen herrscht Totalversagen: Die grosse Mehrheit wählt die verschwindend kleine Minderheit und MACHT sich in doppelter Hinsicht schuldig: 1. weil sie die Minderheit wählt und 2. weil sie ihr die Verantwortung dafür in die Schuhe schiebt. Die Gescholtenen wiederum brauchen sich keine Vorwürfe zu MACH(T)en, weil sie gar nicht anders können, wenn sie gewählt werden wollen. Die Mehrheit bevorzugt offensichtlich Minderheiten minderer Qualität. Vergleichbares passiert dann auch an der Konsumfront, wo PRoduzenten dazu verdammt sind, eine minderwertige Nachfrage zu bedienen, weil höherwertige Angebote als Ladenhüter aus den Regalen verschwinden, obwohl die Qualität vorgeblich in den Kaufentscheid fliesst. Niemand wird gerne zugeben, dass er schlechtere Qualität bevorzugt, er tut es trotzdem, sonst wäre sie nicht ein derMASSEn grosses Geschäft.

- … von einer lediglich verschwindend kleinen Minderheit verursacht, die offensichtlich von der Mehrheit nicht gestoppt werden kann.

Problemkreis Nr. 3: Wenn die von der Mehrheit ausgesuchte Minderheit so “offensichtlich nicht gestoppt werden kann”, worin bestehen Sinn und Zweck dagegen anzuschreiben? Hauptsache wir haben darüber geredet?

Ich denke allerdings, die Prämisse ist weder vollkommen falsch noch richtig noch ist die Sache aussichtslos, sondern: Es gibt eine Mehrheit, die summa summarum über alle Wahlthemen und Jahre hinweg ausreichend zufrieden ist und - alternativlos - jene Parteien und Konzerne wählt, mit denen sie ihre Zufriedenheit am ehesten in Verbindung bringt. Man schimpft und jammert gerne im Konzert, man fühlt sich wohl(er) in dieser Mehrheit, die stets das Gute will und stets das Schlechte wählt: Die grosse Mehrheit ist schuld an der verschwindend kleinen Minderheit - das System Homo sapiens wie es leibt und lebt und derart seine Zukunft gestaltet.

Ein messbares Beispiel:

aus https://www.tagesschau.de/wirtschaft/vw-absatz-103.html
- Dieselskandal hin oder her - den Verkaufszahlen bei VW tut das nur wenig Abbruch. Der Konzern lieferte im vergangenen Jahr mehr Autos aus als jemals zuvor, und schon 2016 hatte VW einen Rekord vermeldet. Etwas schlechter lief es für das Unternehmen aber ausgerechnet auf dem Heimatmarkt.

Wenn man von VW über den Tisch gezogen wird, dann kauft man nächstes Mal, ja genau, einen VW. Schiebedach, Ledersitze plus Verarsche in der Sonderausstattung, da weiss man was man hat.
Ok, zuhause erstmal weniger, aber das Gehirn des Homo sapiens wird's schon richten. Für die ganz Ungeduldigen gibt’s vorderhand Benziner, von VW versteht sich.
Man erkläre mir bitte nicht, eine verschwindend kleine Minderheit ist schuld, weil sie die Mehrheit gezwungen hat, sich einen VW anzuschaffen. Mein Rat an das VW-Management: WeiterMACH(T)en, die Kundschaft wünscht es so - there is no bad PR.

Die Amis auf Kurs
Grüsse
kosh

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PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.


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