Urschuld und Termin

Phoenix5, Freitag, 05.01.2018, 23:46 (vor 2296 Tagen) @ Amos8891 Views
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 05.01.2018, 23:55

Hallo Amos,

ich hatte auf fb zuletzt eine Diskussion, in der ich die Urschuld (ich nannte sie nicht so) als Veranschaulichung für die Wichtigkeit von Termin und Nachfragezwang heranzog. Dafür halte ich das Konzept nach wie vor für nützlich und jedenfalls für mehr, als eine Schrulle Dottores. Man hantiert zwar nicht gern mit dem Konzept, aber als Ausgangspunkt ist es m.M.n. trotzdem unerlässlich.

Hier der Text:

Stell dir ein normales Tauschgeschäft vor. Nur um es vorweg klarzustellen: Solche Tauschgeschäfte sind nicht der Normalfall und waren es auch noch nie. Sie sind vielmehr Usus, wenn Krisenzeit herrscht und Geld entweder knapp, oder nichts wert ist. Stellen wir uns aber trotzdem vor, so ein Tauschmarkt würde irgendwo, abgeschnitten vom Rest der Welt, existieren. Du hast beispielsweise Zigaretten und tauscht diese gegen Nahrung. Wie viele Zigaretten du bereit bist gegen Nahrung zu tauschen, obliegt dir und deinem Tauschpartner. Der „Marktpreis“, wenn man so will, liegt dort, wo ihr euch einigt. Wenn du gerade hungerst, wirst du stangenweise Zigaretten gegen einen Laib Brot hergeben. Wenn du bloß Konserven für den Winter horten willst, wirst du dir Zeit nehmen für mehrere Tauschpartner und dir deine Nahrung möglichst günstig zusammentauschen. Festhalten wollen wir nur: Du willst, was dein Gegenüber hat. Und dein Gegenüber will, was du hast.

So und jetzt stell dir vor, dein Gegenüber bietet dir statt Nahrung das Metall Rhodium an, das für euch auf der Insel keinerlei Nutzwert hat. Wie viel Zigaretten würdest du diesmal hergeben? Es hat keinen Nutzwert. Du weißt nicht wie viel davon existiert. Du hast keine Ahnung, ob du es wieder loskriegst. Und dir fehlt jeglicher Maßstab zur Bewertung, weil du persönlich nichts mit diesem Metall zu tun hast. Das gleiche gilt auch für Gold oder Bitcoins. Bei beiden denkst du JETZT natürlich sofort an den aktuellen Preis in gesetzlichem Zahlungsmittel. Aber auf der Insel kennst du den Preis nicht und er ist dir auch egal. Da es keinen Nutzwert hat, fragst du es auch nicht nach. Niemals setzt sich da irgendetwas als allgemein anerkannte Währung durch.

Und jetzt stell dir vor, es kommt jemand vorbei, der eure gesamte Insel unterwirft und jeden Monat als Abgabe Rhodium/Gold/Bitcoins oder was auch immer verlangt. Wer am Monatsende nicht seine x Gramm Metall oder x Bitcoins abgeliefert hat, der muss mit harten Strafen bis zum Tod rechnen. Was ändert sich? Plötzlich wird dieses Metall oder der Bitcoin nachgefragt, weil er zum Termin zur Macht muss. So wie die Nahrung zum Termin in deinen Magen musste, um dem Tod zu entgehen. Erst dieser Akt der Unterwerfung und Tributforderung definiert Geld. Erst jetzt wird gewirtschaftet, um mit privaten Schuldkontrakten (lautend auf Gold, Rhodium oder Bitcoins) an die Abgabe zu kommen. Es wurde eben nicht VOR Erfindung des Schuldgeldes mit Gold gehandelt, sondern mit Gold wurde erst gehandelt, als eine Steuerschuld dafür offen war, die bei Nichttilgung sanktioniert wurde. Das war der erste Nachfragezwang. Den darauf aufbauenden Nachfragezwang (Tilgung privater Kredite), habe ich bereits im Text erklärt.

Jetzt, wo wir also eine Abgabe (z.B. Gold) am Monatsende brauchen, können wir uns dieses auch leihen. Wenn du jetzt zur Bank gehst und ein Pfand (Sicherheit) hinterlegst für die Kreditschaffung, spielt auch hier die Frage der Bewertung eine Rolle. Auch hier einigen sich der Gläubiger (Geschäftsbank) und du als Schuldner darauf, wie viel Gold (das ja jetzt gebraucht wird, wie Nahrung) dein Pfand wert ist. Der Schuldtitel, auf dem euer Geschäft dokumentiert ist (besichert mit deinem Pfand), kann nun umlauffähig gemacht werden, wenn auch der Gläubiger mit einem Pfand haftet. Schon hätten wir Giralgeld geschaffen. Es geht also immer um Relationen. Geld ist nicht etwas, das einfach so da ist, sondern es drückt Wertrelationen untereinander aus. Genauso wie die Relation zwischen den Pfändern, mit denen ein Wechsel besichert ist, und dem, was jemand anderer bereit ist, für diesen Wechsel an Waren und Dienstleistungen zu verkaufen.


Beste Grüße
Phoenix5


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