Anarchie und das Hyperkollektiv

Nico, Dienstag, 19.12.2017, 06:58 (vor 2320 Tagen) @ Zarathustra2505 Views
bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 19.12.2017, 07:45

Was auch immer ein Mensch unternimmt, es ist Politik und es ist Gewalt

und

Zwang, weil kein Mensch irgendetwas tun könnte, ohne damit über andere

zu

bestimmen. Gewalt und Zwang sind unauflösbar von Anfang an in dieser

Welt,

und es geht nur noch um die Frage, auf welche Weise darüber

entschieden

wird. Wenn also die Begriffe von Gewalt und Zwang überhaupt noch eine
Bedeutung haben sollen, dann können diese nur auf die Willkür der
Anwendung zielen, und solch eine Willkür kann nur bedeuten, die

anderen

nicht gefragt zu haben.


Jeder ist immer gefragt. Jeder äussert seinen Willen so gut er kann.

Genau so ist es, allerdings sind sich unterscheidende Willensbekundungen auch unterschiedlich qualifiziert, weshalb es essenziell für eine Gesellschaft ist, dass sie einen Mechanismus bedeutet, welcher die aufeinander treffenden Auffassungen positiv selektiert. Daher auch meine Frage über die mögliche Perfidie der Meinungsfreiheit.

Selbstverständlich entscheidet nun die Mehrheit,
weil alles andere bedeuten würde, dass also eine Minderheit

entscheidet.

Minderheiten gibt es viele, Mehrheiten aber immer nur eine. Welche
Minderheit mag wohl die richtige sein, wenn es die Mehrheit nicht ist

–

jene welche ihre Vorstellungen am gewaltsamsten durchsetzt?


Selbst dort, wo eine Mehrheit entscheidet (Schweiz), entscheidet sie
(auch) aufgrund der Meinungen einer Minderheit von einflussreichen
Individuen, und diese Minderheiten wiederum richten sich nach dem willen
der Mehrheiten. Schwarmverhalten ist komplex und rückkoppelnd.

Auch das ist richtig; die Mechanismen in einer Gesellschaft sind immer subtil, auch (oder gerade) in einer Diktatur. Niemals könnte sich ein einzelner in die Mitte eines Volkes stellen und sagen:“ ich bin euer neuer Diktator und alle hören von nun an auf mich“. Ein solcher Möchtegern-Diktator würde nur in einer Klapsmühle landen. Das Volk muss hierfür in seiner Mehrheit propagandistisch desorientiert werden.

In der Tat kann Demokratie nicht einfach den Willen der Mehrheit bedeuten, weil dann Demokratie und Diktatur gar nicht zu unterscheiden wären. Der Begriff der Demokratie ist aber als das Gegenteil von Diktatur zu definieren, und deren Unterschied muss somit ganz wo anders liegen. Diesen Unterschied möchte ich auch im Folgenden erklären.

Gewalt und Zwang können dabei auch gut und gern auf ein Verbot

jeglicher

Brutalität angewandt werden. Man setzt also auch unmittelbaren ZWANG

ein,

um irgendwelche Psychos davon abzuhalten, ihre Frauen oder die Kinder

zu

verprügeln, Tiere zu schächten, Genitalien zu verstümmeln oder
vielleicht auch noch schlimmeres. Wer sollte das wohl erledigen, wenn

nicht

eine (Staats-) GEWALT ?


Ja, in einer hyperkollektivistischen Umgebung kann das nur der Staat als
Repräsentant der Masse sein. In einer anarchistischen Umgebung ist es die
Kommune.

Offenbar leitet sich der Begriff Kommunismus aber nicht nur dem ersten Anschein nach von „Kommune“ ab.

Kommunismus (lateinisch communis ‚gemeinsam‘)

https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunismus

Und tatsächlich sind Kommunismus und Anarchie letztlich das selbe, nämlich ein „Hyperkollektiv“ (wie du es treffend formuliert hast) – und aus welchem ich hier auch raus will.

Es fällt mir hier nicht ganz leicht zu erkennen, worauf du hinaus

willst,

und darum nur soviel:

Also ich gehe davon aus, dass ein einzelner Mensch in einer

Gesellschaft

stets eine relative Macht erlangt.


Ja, das ist so, in jedem Organismus hat eine Zelle eine relative Macht.
Ein Individuum hat in einer anarchistischen Umgebung tausendmal mehr zu
sagen als in einer verstaatlichten.

Eben nicht, und wir befinden uns hier in der Anarchie mit einer entsprechenden Firmen-Regierung, welche auch nach und nach alles vormals staatliche beseitigt. In genau dieser sich sukzessiv ausformenden Umgebung wird auch die freie Meinungsäußerung zunehmend unterdrückt.

Was ist denn jetzt also eigentlich noch deine Einstellung? Wird die
Politik nun über das Geld (Kosten) bestimmt, oder nicht? Die
„Vorfinazierung“ ist doch deine eigene These, soll ICH die jetzt

aber

verteidigen?

Ist also nicht das gesamte Leben irgendwie eine Art von

Machtergreifung?

Ja.

Und die Frage, welcher Mechanismus nun selektieren soll. Brutalität? Verschlagenheit?

Kommen wir also zurück zum Thema:

Die Idee der Vorfinanzierung ist nicht meine, und ich nehme an, dass
letztlich wohl entscheidet, was die Leute einfach denken. Wir brauchen
einen Paradigmenwechsel.

Wir brauchen? Das sagst Du! In einer hyperkollektivistischen Umgebung hat
eine Einzelmeinung aber tausendmal weniger Gewicht als in einer
anarchistischen.
Wenn also ein Einzelner sagt: "Wir brauchen dieses und jenes!", dann kann
er das zwar sagen, aber es hat nahezu null Bedeutung.

So widerspreche ich dir also auch gar nicht, denn wir leben ja meinem eigenen Bekunden nach in solch einem Hyperkollektiv.¹ Wie oben bereits angedeutet beruht jede Diktatur auf einer durch Propaganda induzierten Desorientierung des Volkes. Ich kann nur versuchen, den Leuten die Köpfe wieder gerade zu rücken.

Die Idee, dass jemanden das Öl gehört, welches
sich unter dem von ihm in Besitz genommen Land befindet ist

lächerlich.


Du bist doch ein Anhänger des Nationalstaats-Kollektivismus.

Nein, nicht ausdrücklich. Ich bin Befürworter eines Föderalismus – dem eigentlichen Wesen einer Demokratie. Die Beseitigung der Nationalstaaten bedeutet den Ausbau, des Hyperkollektivs, welchen es zunächst aufzuhalten gilt, um ihn dann aber auch weiter zurückzuführen. Auf diese Sicht habe ich z.B. auch noch vor kurzem mit dem Vorschlag hingedeutet, dass auch die einzelnen Länder der BRD (oder wie der Laden gerade auch immer heißen mag [[zwinker]] ), ihre eigenen Währungen haben könnten und sollten.

Wem soll
denn das Oel gehören? Den glücklichen Bewohnern dieses Nationalstaats
etwa? Wie lächerlich wäre diese Idee? Oder soll der Rest der Welt diesen
Nationalstaat als nicht souverän erklären und sich dortselbst abholen,
was ihm zusteht?

Diese Frage ist berechtigt, und eine Antwort kann nur die Zukunft bringen. Ich sperre mich nicht gegen globale Vereinbarungen – sie dürfen nur nicht in ein ent-föderalisiertes Hyperkollektiv führen. Allen erdenklichen Streitigkeiten kann wohl aber kaum auf alle Zeiten vorgebeugt werden. Im übrigen kannst auch du keinerlei Lösung zu dieser Frage anbieten, Zara, und gehst eben auch (zumindest implizit) davon aus, dass deinen Stammesgesellschaften das Land auf dem sie leben auch gehört. Wahrscheinlich richten sich die Völker eben einfach nach dem über was sie regional verfügen können, und finden so zu eigenen Lösungen.

Dass einem Obdachlosen auch noch Steuern abgepresst werden, ist die gar
nicht zu fassende Wahrheit über dieses unser Land. Die Leute sollen

sich

endlich eingestehen, wie durchgeknallt sie in ihrem Denken sind. Jeder

soll

sich fragen, mit welchen Prioritäten er eigentlich hantiert, wenn er
solche Voraussetzungen für hinnehmbar erachtet, um irgendetwas anderes
für wichtiger zu halten.

Hmm. Aber das kannst doch nicht Du als Einzelner bestimmen, was die
Mehrheit als wichtig erachten soll.

„Bestimmen“ sicher nicht, ich kann allenfalls Prioritäten aufzeigen, und ansonsten bin ich in dieser Passage wohl auch wieder mal ein wenig in Fahrt geraten. [[freude]]

Bedeutet der Begriff der Willkür aber eigentlich
noch irgendetwas anderes, als die falschen Prioritäten zu setzen?


Was Du - wie die meisten hier - nicht zu begreifen scheinst: Es
entscheidet letztlich immer der Charakter des Gesamtorganismus, egal wie
sich dieser organisiert. Hat ein Organismus ameisenhaften Charakter, dann
verhaltet er sich wie Ameisen. Hat ein Organismus chinesischen Charakter,
dann verhaltet er sich wie Chinesen. Ist er deutsch, verhaltet er sich
deutsch. Ist er eher rebellisch wie die Bergtürken, verhaltet er sich wie
die Bergtürken. Und Waldameisen sind nochmals ein bisschen anders als die
andern.

Ja, in dieser Hinsicht glaubst du halt wieder an die bloße Natur des Menschen, während du dem Hyperkollektiv insgesamt aber seine Natürlichkeit absprichst („wider die Natur“ © zara). Ich glaube hier halt an eine Verschwörung, welche ihre Lügen in die Zivilisation eingepflanzt hat.

Es ist schon bezeichnend, dass hier immer die s.g. Debitisten mit ihrer
‚Macht & Gewalt-Nummer‘ daherkommen. Also ich will keine Anarchie

–

ich will da raus.

Wenn Du keine Anarchie willst, dann willst Du die Alternative davon, den
Hyperkollektivismus, den verstaatlichten Menschen, dessen Meinung als eine
unter Millionen praktisch Null Gewicht hat.

Darum an dieser Stelle noch mal ganz deutlich und als ein Kernstück meiner Auffassung zu verstehen:

Demokratie kann als Gegenteil von Diktatur definiert nur Föderalismus bedeuten. Föderalismus muss bedeuten, dass das Gewicht einer einzelnen Stimme im Verhältnis zu seiner räumlichen Nähe zunimmt, bzw. mit seiner Entfernung abnimmt. 1 Milliarde Chinesen dürfen nicht über 80 Millionen Deutsche bestimmen dürfen.

Dieses Prinzip muss auch in kleineren Ordnungen wie z.B. Deutschland gelten, und wenn die Bayern die Flüchtilanten alle haben wollen, dann können sie die auch hereinlassen – aber nicht, um sie nach Hamburg oder dergleichen durchzuwinken. Hier hätten die entscheiden müssen, die sie dann auch aufnehmen – denn dann gäbe es gar keine Probleme.

Wir brauchen einen Konsens über unsere Grundordnung –


Wer sagt das? Du? Das ist nur eine Meinung unter Millionen. Also praktisch
bedeutungslos.

Ohne einen solchen Konsens befinden wir uns in der Anarchie, welche entweder das Hyperkollektiv oder die Auflösung eines Kollektivs bedeutet.

eine Verfassung also. Jeder kann machen, was ihm das Gesetz erlaubt,

und

was das ist, darüber wird demokratisch entschieden. Das Land auf dem

das

Volk lebt, muss aber immer allen gemeinsam gehören, denn sonst teilt

sich

die Gesellschaft auf in Sklaven und Sklavenhalter. Wer Land in seinen
Besitz nehmen möchte, der kann dieses von der Gesellschaft pachten.


Soso. Es rissen sich also mächtige Untergruppen in der Gesellschaft
irgendwelche Territorien unter den Nagel, bauten Mauern drum herum und
rufen seither der Welt zu: Dies ist unser! Und dies nun mit aller Macht und
Gewalt zu verteidigen, ist, was Du unterstützt.

Wie auch immer die Vergangenheit zu deuten ist, eine Ordnung kann nur für die Zukunft hergestellt werden. Ich wäre ausdrücklich dagegen, alte „Rechte“ (Grenzen von so und so) einzufordern.

Er
bezahlt, aber er bekommt auch etwas – ganz anders als beim Prinzip

der

Steuern. Und da im Debitismus Geld und Schulden sowieso das selbe sind,
kann der Staat seine Schulden also auch gleich unmittelbar als
Zahlungsmittel emittieren.

Was das am Ende bedeutet, ist nur schwer in Worte zu fassen, aber es

wäre

eine den meisten Menschen ungeahnte Freiheit. Anarchie bedeutet aber

nur

Sklaverei oder Tod, und nie etwas anderes.


Nein, was Anarchie historisch bedeutet, ist so ziemlich das Gegenteil
dessen, als was Du sie hier bezeichnest.

Historisch bedeutet Anarchie wohl wahlweise eine Utopie, oder eine im Ansatz zwar richtige, aber doch nur schlecht verstandene und entsprechend falsch formulierte Sozial-Idee. Sollte mich hier aber jemand über historische Vorgänger von mir in Kenntnis setzen können, dann natürlich gern. Vielleicht werden wahre Reformer gerne auch als "Anarchisten" diffamiert.

Schöne vorweihnachtliche Adventssonntags-Grüße


Gottlose Grüsse

Zara

Interessante Unterhaltung, mein lieber Zara und über Gott unterhalten wir uns sicher noch einmal in einem weiteren Leben in einer besseren Welt. <img src=" />

¹) In diesem Sinne bin ich nun auch geneigt, einige meiner früheren diesbezüglichen Aussagen selbst in Zweifel zu ziehen. Der von dir, Zara, hier eingeführte Begriff eines „Hyperkollektivs“ erscheint mir doch schon recht passend – allerdings eben auch um auf das Wesen einer Anarchie hinzudeuten, wie wir sie heute erleben und erleiden. Nämlich als Gegensatz zu einer föderalistischen Gesellschaft.

--
... in Wirklichkeit ist ... immer alles ganz anders, als es ... in Wirklichkeit ist ...


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