Wahrheit im Falschen

Taurec ⌂, München, Samstag, 09.12.2017, 21:04 (vor 2322 Tagen) @ Mephistopheles4249 Views

Hallo!

Irgendwie erinnere ich mich daran, dass es einmal ein Grundsatz der
katholischen Kirche war, dass Aussagen als wahr gelten, wenn sie nur im
richtigen Geiste (=göttlich inspiriert) getätigt wurden, auch wenn sie
objektiv falsch waren, solange durch diese Aussage richtige (=wahre)
Glaubenssätze bestätigt wurden.

In gewisser Hinsicht ist das richtig, da der sachliche (überpersönliche) Gehalt einer Aussage gewissermaßen unabhängig vom Aussagenden und seinen Intentionen ist. So kann auch aus betrügerischen Motiven eine situations- und personenunabhängige, überzeitliche Wahrheit verkündet werden. Ein Lügner, der zufällig oder absichtlich etwas Wahres sagt, beschmutzt dadurch nicht die Wahrheit, die außerhalb seiner existiert. Aber: "Quid est veritas?"

Es ist schwierig, wenn es sich um Aussagen mit transzendentem Bezug handelt, deren absolute Wahrheit rational (also mit dem Verstand) nicht abschließend bestimmt werden kann, da in diesem Bereich "Wahrheit" in Abhängigkeit vom Stand der subjektiven Erkenntnis des Einzelnen existiert. Im Grunde sind das Schüsse ins Blaue aufs Geratewohl, die man glauben muß.

Wenn man weiß, daß die ganze Organisation der Kirche, schlichtweg alle Dogmen und große Teile des vermeintlichen Lebens Jesu, seiner Aussagen und Taten erst lange nach seinem Tode durch Machtmenschen u. a. auf Konzilen teils durch absichtliche Verfälschung des Ursprungs aus politischen Gründen, teils durch subjektive Verzerrung in unbewußtem Falschverstehen konstruiert wurden, verwundern solche kirchlichen Grundsätze nicht. [[zwinker]]
Die Kirche muß sich schon aus reinem Selbstschutz diese Hintertüre eröffnen, um sich gegen Kritiker abzusichern, die etwas näher hinsehen und die fatalen Schwächen im Fundament erkennen.
Die geistige Krise des Abendlandes ist durch den himmelschreienden Unsinn, der die christliche Lehre in wesentlichen Teilen ausmacht (Trinität, Erbsünde, Sühnetod Jesu am Kreuz, Folgedogmen bis hin zur leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel usw.) und der jeglichem gesunden Empfinden Hohn spricht, wohl nicht unwesentlich verstärkt worden (wenngleich es nicht monokausal die Ursache ist). Die Abkehr von der Religion, die im Abendland wesentlich mit den kirchlichen Lehren gleichgesetzt wird (obwohl sie mehr ist), in einem materialistischen ("eisernen") Zeitalter wurde dadurch erheblich befördert. So wurde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und die spirituelle Verwurzelung durch die notwendige Entsorgung des verkorksten Christentums gleich mit gekappt. Nun stehen wir als Kulturkreis bar und ohne wegweisendes Licht in der Dunkelheit. Davon unabhängig können Einzelne, bestenfalls Randgruppen auf ihrem individuellen Erkenntnisweg tiefer dringen. Die irrationale Klammer, die den Kulturkreis durch eine große Erzählung zusammenhält und Richtung gibt, ist aber dahin. Eine versuchte Restauratio der Religion führt unweigerlich zum Christentum als der zentralen Religion Europas, das durch seine von fehlbarer Menschenhand erfundenen Grundlagen aber jedem Wiederherstellungsversuch eine tickende Zeitbombe ins Fundament pflanzt. Die Tatsache, daß der "Kaiser keine Kleider trägt", ließe sich nur durch massive Denkverbote verschleiern, die irgendwann durchbrochen werden und die vermeintliche Einheit sprengen.

Wahre Aussagen über transzendente Sphären sollten eigentlich möglich sein, zumal der Mensch mit den zentralen Teilen seines Wesens von dort stammt und darin existiert. In einem eisernen Zeitalter, einem "Kali-Yuga", in dem die Zentralsonne des Universums verschattet ist, sich die Götter scheinbar abgekehrt haben, gibt es keinen transzendenten Anhaltspunkt, wohin sich das menschliche Wesen in seinem Drang nach Wachstum "hin zum Licht" richten soll. Solange uns nicht von der anderen Seite eine Hand gereicht wird, welche die Verbindung wieder herstellt, sind alle menschlichen Aussagen dazu per se fragwürdig.
Selbst Mitteilungen aus dem Jenseits, deren Existenz objektiv schon aufgrund der Vielzahl der Fälle nicht von der Hand zu weisen sind, beruhen auf dem menschlichen Geistesmüll oder bedienen sich seiner Motive, der sich in den letzten Jahrtausenden aufgehäuft hat. Das auszusortieren und die Goldkörner herauszufinden, setzt an Erkenntnis eigentlich schon zu wissen voraus, was man dadurch eigentlich zu erfahren erhofft. Erkenntnismäßig sind das Nullnummern.

Gruß
Taurec

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„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh’ zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


Weltenwende


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