MACHT setzt MARKT ausser Kraft?

Kosh, Mittwoch, 29.11.2017, 13:55 (vor 2339 Tagen) @ Kontributor4111 Views

aus Deinem Link http://www.blicklog.com/2011/08/22/neue-studie-der-eth-zrich-ber-einflussreichsten-unte...
- “Auch in der Finanzbranche setzt die Macht den Markt außer Kraft.”

Nach dem Markt ist vor dem Markt. Man kann den Markt nicht ausser Kraft setzen, denn dazu müsste man den Homo sapiens ausser Kraft setzen, um Angebot und Nachfrage zu beseitigen. Hingegen an der (natürlichen) Tagesordnung ist die Veränderung des Markts: Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung (Heraklit).

In jedem Markt gibt es Marktkräfte, die zu jeder Zeit für den Markt sorgen, egal ob im Kapitalismus, Kommunismus oder unter welchen Umständen auch immer. Mag sein, dass ein jeweils existierender Markt mir oder Dir nicht passt, dass die Aussichten nicht rosig sind oder was auch immer, dennoch ist der Markt immer präsent und nie ausser Kraft gesetzt.

Wenn man trotzdem hingeht und sagt, die Macht setzt den Markt ausser Kraft, kann es sich nur um eine spezielle, dem Autor geläufige Marktvorstellung handeln. Dieser Markt müsste genauer definiert und als solcher benannt werden um ein Bild davon zu bekommen, aber den Freien Markt kann er damit nicht gemeint haben, auch wenn er davon überzeugt wäre.

Ein Freier Markt ist wie er Name sagt frei. Alle Marktteilnehmer sind frei zu marktwirtschaften, auch staatlicherseits. Im Gegenteil wird vom “Staat” sogar erwartet, dass er Marktbedingungen schafft, d.h. Unfreiheiten einführt um den Markt in einem ausgedachten Sinn zu steuern. Ergo ist er aufgefordert von seiner Marktfreiheit Gebrauch zu MACH(T)en in den Markt einzugreifen.
Wenn es ab einem bestimmten Zeitpunkt zu einer MACHT-Akkumulatikon kommt, welche einen Markt in einer von der MASSE unerwünschten Weise verändert, kann die Ur-MACHT (= MASSE) dieser Akkumulation zwar korrektiv entgegen wirken, aber wenn sie nicht dazu bereit ist, könnte es daran liegen, dass …

1) … die MASSE mit dem gegenwärtigen Marktzustand mehrheitlich zufrieden ist resp. damit leben kann …

… oder …

2) … die MASSE einerseits mehrheitlich andere Marktverhältnisse wünscht, andererseits summa summarum zu faul ist, um ihrer Herrschaft nachzukommen …

… oder …

3) … die MASSE mehrheitlich andere Marktverhältnisse wünscht, individuell aber Verwandte, Nachbarn, Freunde, Bekannte etc. hat, die unablässig jammern und kritisieren, man sich aber nicht darauf verlässt, dass die auch bereit sind, die Risiken der Herrschaft (kratos) gemeinsam in der MASSE einzugehen und deshalb nichts MACHT.

- Seit vielen Jahren, so heißt es in einer Zusammenfassung auf physorg.com, sei es gängige Meinung, dass die Welt durch eine “monolide Elite” (“monied elite”) kontrolliert werde bzw. durch riesige multinationale (Finanz-)Konzerne. Die Forschungsergebnisse der ETH-Zürich haben dies nun bestätigt.

Dass der Volksmund dieser Meinung ist, kann ich verstehen und nachvollziehen. Dass eine Universität mit Rang und Namen nicht fähig sein soll, einen Schritt weiter zu denken, lässt mich an deren “Excellence” oder Willen zweifeln:

Das System Homo sapiens - Eliten wie Konzerne - wird kontrolliert durch die MASSE, welche …

- … riesige multinationale (Finanz-)Konzerne …

… finanziert! Mit jedem einzelnen Einkauf (Konsum) finanziere ich eine Person oder ein Unternehmen und signalisiere damit dem Markt, in welche Richtung er sich meiner Meinung nach entwickeln soll. In der Summe aller Käufe unter gegebenen Bedingungen ergibt sich ein Gesamtbild des Markts zu diesem Zeitpunkt.

Das sollte jedem Börsianer einleuchten, der aus Erfahrung weiss, wie schnell Konzerne auf Grund laufen können, wenn die zum Überleben erforderlichen Bilanzen nicht erfüllt werden. Ich habe es schon lange nicht mehr satt, dass dieser Blickwinkel aus den Augen der Systemkritiker verschwunden ist, sondern frage mich mehr oder weniger belustigt, ob ich es noch erlebe, dass er dort wieder auftaucht. Noch 1995 konnte ich persönlich erleben, wie der gestandene Konzern Shell von der MASSE in die Knie gezwungen wurde durch einen Tankboykott, wegen eines relativ lächerlichen Problems namens Brent Spar. Ein paar Jahre zuvor durfte ich sogar verfolgen, wie die MASSE den riesigen sozialistischen Ostblockmarkt in einem historisch kurzen Zeitraum komplett veränderte. Bis heute sind wir Zeitzeugen, wie China sich und seinen Markt permanent verändert, auf eine Art, die im Westen weitherum abgelehnt wird, aber er war nie von wem auch immer ausser Kraft gesetzt.

Umgekehrt ist aus Sicht Multinationaler Konzerne (ob Finanz oder nicht spielt keine Rolle) unabdingbar, sich der MASSE anzupassen, um finanziert zu werden resp. Umsätze zu generieren. Dass dieser permanente AnpassungsPRozess an das Finanzierungspotential durch die MASSE nicht so läuft wie von vielen Systemkritikern gewünscht, zeigt lediglich, dass diese den Homo sapiens aus der Gleichung gekippt haben und statt dessen mit einer Menschenart argumentieren, die so nicht existiert. Klar laufen auf diesem Weg auch deren Systemkritiken ins Leere, was deren Beliebheit allerdings nicht anficht.

Fazit: Wenn überhaupt, dann hat jeder erfolgreiche Konzern den Homo sapiens plusminus so auf der Rechnung wie er ist. Ob er auf einem dem System Homo sapiens genügenden MARKTkonformen Weg sich befindet oder nicht, kann er viertel- oder halbjährlich in den eigenen Bilanzen nachvollziehen, die von der MASSE “erstellt” werden.

Evt. könnte man man dazu übergehen, MASSE und Eliten/Konzerne als sich gegenseitig kontrollierend zu begreifen: Nach weit verbreiteter “Lehre” kontrollieren zwar Löwen und Hyänen die Zebra- und Gnuherden, aber wenn es keine Zebras und Gnus mehr gibt, haben weder Löwen noch Hyänen was zu fressen, ergo kontrollieren die Herbivoren effektiv die Karnivoren. Das allseits beliebte Bild der Eliten und Schafe erzählt eben mehr als nur die Geschichte der Unterdrückung der Schafe. V.a. erzählt es nicht davon, dass Schafe ohne Eliten leben könnten, aber Eliten nicht ohne Schafe, weil Eliten zwingend von Schafen definiert (finanziert) werden müssen. Sobald aber Schafe Eliten wünschen, begeben sie sich in eine gegenseitige Abhängigkeit.

Die Amis auf Kurs
Grüsse
kosh

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PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.


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