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Ostfriese, Dienstag, 28.11.2017, 21:23 (vor 2312 Tagen) @ Rybezahl5991 Views
bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 28.11.2017, 21:32

Hallo Rybezahl,

Hallo Ostfriese!

Ich verstehe den Gedanken der Inflation der Zeichen vor dem

Hintergrund

einer zunehmend komplexer werdenden Welt.


der Hintergrund ist für mich die Machttheorie und der Debitismus mit
seinem Zwang zur Aufschuldung, der zur Notwendigkeit des

realökonomischen

Wachstums im weitesten Sinne führt und damit eine komplexer werdende

Welt

erzeugt und widerspiegelt.


d'accord!

Dem muss die 'wahnhaften Besessenheit der
Überbietung und Übertreibung der Zeichen'
(Seite 111)
vorausgehen.


Du hast recht, dass das

Die 'wahnhaften Besessenheit der Überbietung und Übertreibung der
Zeichen'
geht dem Zwang zur Aufschuldung voraus?

so nicht richtig ist. Der Zwang zur Aufschuldung geht voran.

... der wahren Lebensgrundlage des
menschlichen Lebens zugunsten einer auf Sand gebauten Scheinwelt.


Die wahre Lebensgrundlage – die auf Sand gebaute Scheinwelt – gibt

es

nicht: Sie ist die hyperreale Realität. Noch kürzer: Sie ist die
Realität – eine andere gibt es nicht. Auch in den Diskussionen des
Forums genießen wir die Meisterhaftigkeit der 'Überschreitung und
Übertreibung' der User – ein Genuss, wie die Hemmungslosigkeit der
Kommunikation zum 'Realitätsrausch' (Seite 135) führt.


Das verstehe ich nun gar nicht. Für mich ist der Unterschied zwischen
einem gerade gepflückten Apfel und einem BigMac ziemlich offensichtlich.

Ich möchte dazu S. Strehle zitieren (Seite 40): "Um eine Ware zu verkaufen, wird eine Anrufung ihres Zeichen- bzw. Bildwertes inszeniert, indem man ihre Fähigkeit beschwört, Symbol für etwas anderes zu sein. So kommt es, dass im gegenwärtigen Kapitalismus die Bilder der Dinge wichtiger werden als die Dinge selbst – und sich immer stärker in den Vordergrund des Sozialen drängen."

In diesem Zusammenhang zitiert S. Strehle Slavoj Žižek in der Fussnote: "Im 'Kulturkapitalismus' wird das Verhältnis zwischen einem Objekt und seinem Symbol/Sinnbild umgedreht: Nicht das Bild repräsentiert das Produkt, sondern das Produkt das Bild. Wir kaufen ein Produkt, etwa einen Apfel, weil er das Bild eines gesunden Lebensstils repräsentiert."

Ist Realität und Hyperrealität identisch, erschließt sich mir auch
nicht der Sinn, zwei Begriffe zu verwenden, wenn damit nicht eine
Unterscheidung getroffen werden soll.

Der 'gesunde Lebensstil', zu dem ein realer Apfel und sonstige Lebensgewohnheiten in den entwickelten Gesellschaften gehören, bilden ein Modell – einen Code, der jetzt in der Hyperrealität zu verorten ist. Sie ist damit die neue Realität. Wir kaufen und sprechen von einem Apfel, meinen aber den Code – das Modell des 'gesunden Lebensstils'. Das Modell tritt in den Vordergrund und der Apfel verschwindet – wie auch immer. BigMac gehört natürlich zu einem anderen Code. @Ashitaka hat davon gesprochen, dass der Debitismus die Offenlegung eines Codes ist – von einem Zeichensystem zur Entschlüsselung und Deutung ökonomischer Phänomene.

Vermutlich stecke ich nur nicht tief
genug in der Gedankenwelt des JB.

Das gilt zweifellos auch für mich, denn viele Texte von Baudrillard sind, "unlesbar, wenn man nicht hartnäckig gegen ihn mitdenkt" (Josef Rauscher). Baudrillard wird vor allem im deutsch- im Gegensatz zum englischsprachigen Raum wenig gelesen. Ich erlaube mir, Peter V. Zima aus 'Das Verschwinden von Baudrillard?' zu zitieren:

"Baudrillard erregt so viel Unmut und ruft so viele Aggressionen hervor; weil die liberalen, konservativen und sozialistischen Ideologen nicht glauben, nicht zugeben können, dass es mit ihren Werten so weit gekommen ist."

Wie weit es mit unseren Werten gekommen ist, lesen wir aktuell im Forum.

Ich kann aber dem Gedanken der aufeinander aufbauenden Zeichen -
beispielhaft an Mode oder Technikevolution zu sehen - und der damit
einhergehenden Referenzlosigkeit der Zeichen einiges abgewinnen.

Das ist schon ein positiver Ansatz, um das Werk vo Baudrillard zu studieren.

Ggf. ist auch alles falsch, was ich geschrieben habe!

Es grüßt der
Rybezahl.

Gruß zurück – Ostfriese


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