Cryptos und (klassische) Währungen

tar ⌂, Gehinnom, Dienstag, 28.11.2017, 19:16 (vor 2340 Tagen) @ Kosh4300 Views

Ich glaube, hier und bei all den Cryptogläubigen liegt ein eklatantes Missverständnis vor.

Cryptos können private Zahlungsmittel sein. Allerdings sind sie kein gesetzliches Zahlungsmittel und erst recht kein Abgabetilgungsmittel.

Zahlungsmittel können grundsätzlich alles mögliche sein, was zwei Privatparteien vereinbaren. Rechtlich ist es allerdings so, dass ausstehende Schulden mit einer Zahlung durch das gesetzliche Zahlungsmittel beglichen sind, ganz gleich worauf auch immer sie ursprünglich vereinbart waren: es besteht Annahmezang für den Gläubiger:

bundesbank.de: Glossar "Gesetzliches Zahlungsmittel"

Dies gilt für private Rechtsgeschäfte. Ferner gibt es basierend auf dem öffentlichen Recht auferlegte Steuern, Abgaben und Gebühren, die in ebendiesem gesetzlichen Zahlungsmittel nominiert sind und darum auch der Erfüllung durch diese bedürfen. Warum nun dafür auch Giral genutzt werden kann, beantwortet dieser Beitrag.

Private Geschäftsbanken und öffentliche Zentralbanken sorgen durch die notenbankfähigen Sicherheiten für eine hinreichend am Markt besicherte Währung (um eine möglichst geringe Währungsvolatilität zu erreichen, d.h. den Kurs stabil zu halten), da die Geschäftsbanken selbst Gläubiger ihrer bei der Zentralbank bis zum Rückkauftermin(!) hinterlegten Papiere sind (Repos). Zzgl. dazu kann die Zentralbank natürlich auch endgültig einkaufen und bezahlen und folgt auch hierbei gewissen Richtlinien, die sich je nach politischer Lage natürlich ändern können und auf den Markt auswirken. Geschäftsbanken schauen ihrerseits aus Eigeninteresse auf die ausreichende Bonität ihrer Schuldner und ebenfalls entsprechenden Sicherheiten, um ihre Forderungen möglichst nicht vollständig abzuschreiben. Es besteht hier eine Rechtsgrundlage.

Bei den Cryptos hingegen fehlt all dies. Sie sind ein rein digitales Produkt ohne weitere Besicherung, deren Wert/Preis/Kurs sich auf hybride öffentlich-private Währungen bezieht, die ihrerseits auf bewertetes Eigentum, also Vermögens(eingriffs)rechte rekurrieren. Ohne diese Rechte haben Cryptos ebensowenig wirtschaftlichen Wert wie Gold, Öl, ein Haus und sonstiger Zinnober, weil dann alles auf seinen reinen Nutzwert zurückfällt.

Insofern sichere Vermögenseingriffsrechte dahinschwinden, um so instabiler wird die zugehörige Währung. Da sie bei Cryptos gar nicht existieren, kann es hier auch wie bei jedem anderen Produkt, das ersetzt werden kann, keine hinreichend sichere Preisstabilität geben und damit können auch großflächig keine langfristigen Verträge in Cryptowährungen nominiert werden. Das Risiko für die Vertragsparteien ist wegen der unabsehbaren Preisschwankungen zu groß. Was bleibt, sind kurzfristige Verträge und Direktkäufe mit absehbarem Zahlungstermin.

Die Vorteile der Cryptos liegen nun darin, den Zahlungstermin so kurz wie möglich zu gestalten, gleichzeitig die Transaktion technisch abzusichern, zu bestätigen und zu historisieren (Blockchain), ggf. anonyme Zahlungen ohne Mittelsmann abzuwickeln und dass man relativ einfach in jeder nationalen Jurisdiktion Zugriff auf seine Cryptos als digitales Produkt hat, wozu man sie dazu nutzen könnte, ohne staatliche Kontrolle Vermögen über Landesgrenzen hinweg zu verschieben.

Fazit:

Cryptos berühren weder das traditionelle Bankgeschäft (Kredit gegen Sicherheiten zu gewähren), noch die (klassischen) Währungen. Sie gefährden lediglich nationale Vermögenseingriffsrechte bzgl. Kurzfristgeschäften.

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Gruß!™

Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.


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