Anmerkungen zum Zerstörungspotential von Kollektiven

Kosh, Donnerstag, 26.10.2017, 17:47 (vor 2367 Tagen) @ Andudu1540 Views

- Die sind weder im engeren Sinne links … noch kollektivistisch …,

Ich sehe sie durchaus links, als Krise linker Ideologien und dem was daraus geworden ist, was davon übrig blieb - im Kollektiv:

- … noch könnte es ein Kollektiv unter ihrer Ideologie geben, da die eben immer nur ihre temporäre persönliche Wahrheit kennen, …

Temporär links, als 2. Sowjetunion und abermals scheiternd, weil sie den Menschen bis heute nicht in die Gleichung aufgenommen haben. Als Ideologie sind und bleiben sie auf Ihre Funktionalität beschränkt, um etwas vorzubereiten, zu schaffen, z.B. die Abschaffung einer alten Ordnung um eben diese in neuer Form auferstehen zu lassen. Bisweilen hält man sie ohne Umschweife für Träumer. Deswegen halte ich auch ihre “temporäre persönliche Wahrheit” nur für die passende Begleitmusik eines typisch widersprüchlichen Traums, an dessen Ende unweigerlich das Erwachen in der Realität steht.

- … Kapitalismus zerstören …: auf dieser Ideologie kann man nichts neues, gar besseres, erschaffen.

Kapitalismuszerstörung etc. sehe ich als plakative Aushängeschilder, Werbeslogans: Einfach, billig, “gut” zu verstehen und gerade deshalb linkspopulär. In diese Kategorie fällt auch der verkorkste Nazibegriff. Ob das gezielte PR ist oder nicht, am richtigen Ort zur richtigen Zeit funktioniert und wirkt das Muster wie PR - auf die Psychologie der MASSEn.

Nachfolgegenerationen waren schon immer fasziniert von der Vorstellung, Altes zu überwinden und Neues zu schaffen, scheinbar spielt es eine untergeordnete Rolle, ob eine Notwendigkeit dafür besteht. Sturm und Drang ist mehr oder weniger jedem bekannt, wenig Einsicht herrscht allerdings vor, wenn diese Altergruppe für bestimmte Ziele instrumentalisiert wird. Bei der HJ heisst es flugs Pfui-Deibel, gleiches gilt für Russland oder Ungarn, in der Ukraine ist die PRoblematik schon ziemlich PRoblematisch und hier im Westen? Nicht sein kann was nicht sein darf, kein PRoblem, wenn MASSEnhaft nachplappert wird, was andere einflüstern. Wie auch immer, das Muster findet man PRaktisch überall auf dem Planeten, nur die Perspektive wechselt.

- Sie zerstört nur, aber natürlich könnte auch genau das Absicht sein.

Ordo ab chao! Wenn divide et impera an seine Grenzen stösst, übernimmt das kontrollierte Chaos. Ideal ist, wenn beide Strategien parallel gepflegt werden, so muss man bei Bedarf keine Organisation aufbauen, sondern kann eingespieltes “Startkapital” ins Rennen schicken. Nebenbei bemerkt, wenn beide Lager gleichzeitig agieren, halten die sich nicht nur gegenseitig fit und in Schach, sondern tun einem lachenden Dritten den Gefallen, nicht in Erscheinung treten zu müssen. Bis hier klingt das noch stadtläufig wie VT, aber beide Lager waren und sind zu allen Zeiten existent, stets gab es eine Jugend, die für ordo ab chao und eine Elite, die für divide et impera steht. Klar gibt es keine scharfen Trennlinien, auch die Lager sind nicht eindeutig abgrenzbar, z.B. junge Eliten, aber im Grunde sind junge Menschen generell unerfahren und anfällig für Ideologien, genauso wie Eliten häufig MACHTbesessen sind. Um das Fass voll zu machen: Heute sind gesellschaftliche Gruppierungen weitgehend durchlässig und “Klassenwechsel” von jung zu elitär werden regelmässig begleitet von einem Wechsel der Weltanschauung, sprich von ordo ab chao zu divide et impera.

In weniger Worten, mein Vater lehrte mich Folgendes über ideologisch bewegte Studenten: Wart’s ab, bis die ihren ersten Nadelstreifenanzug tragen! Und so war es dann meistens auch, kaum mehr zu erkennen, dass sich hinter der Fassade noch der gleiche Mensch verbirgt. Nur wenige vertreten ihre Ideologie mehr oder weniger unbekümmert bis ins Alter, Corbyn in GB scheint so einer zu sein. Jedenfalls wirkt er in unserer Zeit wie ein lebendes Fossil, das sich innerparteilich mit eben solchen “wie es mir gefällt” Neunmalklugen rumschlagen muss, aber das nur so am Rande.

- Die haben, ganz bauernschlau, das dümmliche und unterkomplexe Nachkriegsfeindbild gekapert …

Hier möchte ich ergänzen, dass “die” selbst oft genug gerade nicht “dümmlich” sind, sondern überdurchschnittlich intelligent. Die Realität ist nunmal keine Klausur, in der auswendig Gelerntes oder wissenschaftliche Logik geprüft werden, sondern eine Welt, in der es um PRaktische Erfolgsausweise geht. Es ist kaum vermittelbar, wie ein und dieselbe Intelligenz gleichzeitig tatsächlich strunzdumm erscheint, indem sie sich permanent in Widersprüche verwickelt, selbst Hochintelligente habe ich so erlebt.

Aber das liegt wahrscheinlich auch am Zeitgeist, der sich um logisch vermittelbare Informationen, resp. Fakten im postfaktischen Zeitalter, kaum mehr schert. Nicht der Weg ist das Ziel, das Ziel ist das Ziel und jedes Mittel recht, nicht nur Pathologisierung und Beleidigung des Gegners, wenn anders kein Erfolg in Sicht ist, sondern zunächst v.a. der Widerspruch, zumal dieser getreu ordo ab chao die Taktik der Desinformation bestens vertritt. In dieser Sparte haben sie allerdings mit Trump ihren Meister heraufbeschworen. Man mag von ihm halten was man will, aber wenn er was kann, was alle sehen könnten wenn sie sehen wollten, dann auf der Klaviatur des Widerspruchs seine Gegner in Schach halten, vielleicht sogar überwinden, wer weiss.

- Würden wir direktdemokratisch abstimmen, müsste sich nicht jeder permanent von "Rechten" distanzieren, …

Sei Dir da mal nicht so sicher, abgesehen vom historischen Sonderfall Deutschland mit sich selbst verstärkenden Deutschen, ist es auch eine Frage des politischen Talents.
Auf die Interviewfrage …:

aus https://www.nzz.ch/schweiz/sicherheit-duldet-keine-halbheiten-ld.1323692
- … . . . das Erstarken der Rechtsaussenparteien in Deutschland und Österreich dürfte Ihnen gefallen haben!

… antwortet der Schweizer Amstutz von der SVP:

- Das ist dummes Journalisten-Geschwätz. Mit diesen Parteien hat die wertkonservative und wirtschaftsliberale SVP nichts zu tun. Das sind rechtsnationale Sozialisten, nationale Sozialisten!

Der sagt dem fadengrade ins Gesicht, was er von ihm und seinem Intellekt hält - nichts - bleibt dabei aber im Rahmen örtlicher Gepflogenheiten. Schränkt im gleichen Atemzug das Geschwätz auf den lädierten Berufsstand der Journalisten ein, rückt anschliessend kurz und knapp das SVP-Profil zurecht und erklärt, dass die Nazis Sozialisten waren. Womit er @Fox-News Eingangsposting kurz und knapp erhärtet. Es ist also durchaus bekannt, dass Nazis Sozialisten waren, aber das ist seit Jahrzehnten nicht en vogue: Der Nazi hat rechts zu sein, rechtser als der Bürgerliche und v.a. ganz nah dran, um die Desinformation komplett zu MACH(T)en und am Laufen zu halten. Um eine vergleichbare Nähe zu erreichen, müsste man Bürgerliche so weit nach links verschieben, dass das Spektrum kaum mehr Sinn ergäbe und alle in einer Grossen Koalition sässen, was so tatsächlich passiert ist: Merkel kaperte linke Anliegen, vernachlässigte dadurch ihre eigene Klientel und isolierte Teile davon, fortan als Pack und Nazi zu fungieren hatten. Merkel ist die Geburtshelferin der AfD, will aber mit ihren ehemaligen Wählern nichts zu tun haben, bis sie es sich wieder anders überlegt. Insofern passt Merkel hervorragend zum Muster der politischen Widersprüchlichkeit auf linker Seite, sie alle interessiert nicht ihr Geschwätz von gestern. Wenn Linke aus dem Grund ”weder im engeren Sinne links … noch kollektivistisch” sind, ist Merkels MACHTpool weder im engeren Sinn bürgerlich noch kollektivistisch, aber sie haben eine Funktion und werden - wahrhaftig oder nicht - etwas bewirken.

Als AfD-ler kann man ob Amstutz’ Erklärung durchaus beleidigt sein, ich möchte aber auf was anderes hinaus: Auch in der Schweiz existiert diese unstillbare Nachfrage nach dem Nazi, diesem leicht vermittelbaren Feindbild. Das Böse hat schon immer verfangen, früher waren es die Kirchen, die das Geschäft mit der Angst betrieben und so gibt es auch hier Parteien, denen jedes Mittel recht ist, um Ziele zu erreichen. Z.B. ein Regierungs-Oppositionssystem, weil sie sich davon mehr Sitze und mehr MACHT erhoffen: Die SP, die Sozialdemokratische Partei der Schweiz. Unsere Lokalvariante ist in der Tendenz durchaus mit globalen Entwicklungen vergleichbar, mit umgekehrten Vorzeichen: Abschaffung der direkten Demokratie oder in einem 1. Schritt des 7-köpfigen Bundesrates und Einführung eines Präsidalsystems mit der Aussicht auf eine linke Regierung.

Du schreibst weiter:
- … bestünde keine nennenswerte Gefahr, wenn eine "rechte Partei" ins Parlament käme etc. Und nur aufgrund der Macht (und dem Kampf um Futtertröge), die Parteien ausüben, konnte der "Kampf gegen rechts" zu dem werden, was er heute ist: zutiefst faschistisch.

Sehe ich auch so. Wie Deine Beispiele eben auch zeigen, Methode fasces (Rutenbündel) auf Teufel komm raus:

- Sie "bekämpfen" Rassismus, indem sie rassistisch sind (POC gut, Weiße schlecht), sie "bekämpfen" Sexismus, indem sie sexistisch sind (LGBT gut, Heteromänner schlecht) …

Das alles gibt’s in der Schweiz auch, aber unser Vielparteiensystem hat die Eindämmung einer sozialistischen Partei nationaler Ausprägung ermöglicht und sie letztlich pulverisiert. Trotzdem erliegen auch Schweizer den Leiden des Homo sapiens und agieren zusehends faschistisch, ohne sich das einzugestehen, suchen verzweifelt den Nazi und finden den auch immer brav in der SVP. Viele Leute hier sind gegen praktikable Vorschläge, ganz einfach weil diese von der SVP kommen. Sie verweigern sich sowohl der sozialistischen Perspektive der Nazis, als auch völligen Absenz sozialistischen Gehabes bei der SVP, wie auch des Phänomens, dass selbst wenn Nazis Rechte wären, sie in der Schweiz nicht darauf angewiesen wären, auf extrem zu machen. Sie könnten sich auch auf zivilisiertem Weg Gehör verschaffen, indem sie sich vom Volk wählen lassen.

Der faschistoide Beissreflex nicht nur in linken, sondern auch in bürgerlichen Kreisen, erschwert bis verunmöglicht seit bald 30 Jahren sinnvolle Diskussionen und verlagert sie auf die Ebene der Emotionen. Aber, wie im Falle Trumps, die SVP beherrscht zum Leidwesen ihrer Gegner eben auch diese Klaviatur und kümmert sich bisweilen auch nicht um ihre Widersprüche. “Wie man in den Wald ruft, so hallt es zurück” ist ein PRaktikables Mittel, um Situationen zu beherrschen, die mit Fakten nicht zu verwalten sind.

Die Amis auf Kurs
Grüsse
kosh

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PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.


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