Dr. Stelter ist kein Debitist

Silke, Mittwoch, 25.10.2017, 11:37 (vor 2365 Tagen) @ smiths745287 Views
bearbeitet von Silke, Mittwoch, 25.10.2017, 11:55

Er beschreibt das Wasser, die Gischt und die Wellen - aber nicht den Ozean.

Lieber smiths74,

Mit anderer Überschrift ist der Hinweis besser, als die üblichen Angebote hier.
Dr. Stelter schreibt und denkt eher als Eigentumsökonomiker, der bei all seinen Überlegungen und Erklärungen regelmäßig mitten in der Mitte des Weltgeschehens der Ökonomie und der Politik einsteigt wie H/S und viele andere auch und Geschichte, Archäologie, Anthropologie, Ethnlogie, Physik und zig andere Wissenschaften, die hier besprochen werden, außen vor lässt.
Siehe auch neben den genannten Links in der WiWo und tbo hier seine Serie
Debitismus: von der zwangsläufigen Krise I, II und III, in der munter verwechselt und vermutet wird und achte z.B. auf die Kommentare vom @Ostfriese.

Sein Problem:
(„Es gibt aber einen Punkt, bei dem ich dezidiert anderer Auffassung bin als Paul C. Martin und die Anhänger des Debitismus: Und das ist die Überzeugung, dass dieses System zwingend scheitern muss. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Prozess nicht zwingend ist, sondern verhindert werden kann.“ – bto: Da bin ich vermutlich gar nicht so anderer Meinung, wie ich auch in meiner Serie zur Eigentumsökonomik geschrieben habe. Es wäre also möglich, korrigierend einzugreifen, OHNE das an und für sich gute System zu schädigen.)

Yeah, wer hätte das gedacht?

Das Interview ist zwar wesentlich erträglicher als die Tauschtheoretiker aber für das eigene Verständnis genauso gefährlich, da auch er allen Ernstes, davon ausgeht, dass man im Debitismus durch Schuldenschnitte u.ä. Interventionismus Ordnung schaffen kann und dass wir uns mit einem diversifizierten Portfolio zu je ¼ von den üblichen Verdächtigen Immo's, Gold, Cash/Anleihen und „Qualitäsaktien“ sowohl durch eine drohende Hyperinflation à la Weimar als auch eine (noch kommende???) Depression (wir stecken bereits bis unter die Achseln tief in der größten DeDe aller Zeiten) hindurch larvieren können.

Das ist eine sehr sportliche Empfehlung, wenn man jemandem rät, mit Boxhandschuhen zu einer Schießerei zu gehen.
Wir leben mitten in einem immer globaler agierenden Zentralmachtsystem.

Er hat das Entstehen und das Wesen von Geld = Macht = Potential als Systemeigenschaft, die überhaupt erst die Rechts- und Handlungsräume der Systemobjekte in einem Zentralmachtsystem eröffnet, und damit den Kern des Systems, nicht verstanden sondern meint offensichtlich mit „Geld“ immer die Geldträger/Geldeinheiten, die „Banken drucken könnten, wie sie wollen“.

Auch das Wesen von Wirtschaft = Beschaffung von zentralinstanziell zum Termin unter Sanktionsandrohung geforderten Geldeinheiten (Abgabemittel) die per Verschuldung, Leistungserbringung, und Nachschuldnerstellen durch die Wirtschaftssubjekte gejagt werden, kann/will oder darf er nicht verstehen. Darum ist seine Problemlösung auch genau so abenteuerlich, wie die der anderen Experten.

Ein Debitist sieht in der Entstehung eines Zentralmachtsystems, das von Anfang an und immerdar bei seiner Entfaltung vor allem ein sich aufsummierendes Vorfinanzierungsproblem hat und sich darum per Aufschuldung finanzieren und vor allem per Abgabenerhebung (extern Tribut/intern Steuern) diese Finanzierung besichern muss, das eigentliche Problem der Menschheit und die allgemeine und globale Zunahme instanzieller und privater Verschuldung als Folge dieses Phänomens. Dazu gehört auch die Absicherung der Besicherung per Redistribution (Sozialstaat/Subventionitis/Marktverzerrrung/Bürokratismus/Korruption/Ungerechtigkeit/Ungleichheit).
Simulationstheoretiker nach Baudrillard erkennen die Rolle von Laut und Symbol, von unhaltbaren Versprechen und ungerechtfertigtem Vertrauen, bei diesem perfekten Verbrechen.

Wird das Abgabesystem in Verbindung mit dem Redistributionssystem global nicht mehr tragbar und versagen die Simulationen geht das System in formloser Gewalt unter, aus der es vor einigen tausend Jahren gestartet ist – der debitistische Durchlauf schließt sich mit dem globalen Untergang des Zentralmachtsystems (Zusammenbrechen der Rechts- und Handlungsräume) einschließlich Machthalter und ohnmächtiger Masse weltweit wenn sich per Fission/Fusion kein neues ZMS mehr entfalten kann, dass die Erbschaft antreten kann.
Wer mag kann in die entlegensten Ecken der Welt fliehen, aber einem globalen Zusammenbruch des Zentralmachtsystems kann er nicht entfliehen, da die weltweiten Ressourcen (Luft,Wasser,Erde,Biosphäre) und fragilen Konstellationen und geregelten Gleichgewichte mit zunehmendem Überleben des Systems weltweit irreparabel geschädigt bzw. gefährdet werden.
Da hilft sein Portfolio auch nicht.

Der Debitismus ist ein System das funktioniert bis er nicht mehr funktioniert.
Seine dauerhafte Krise ist systemimmanent und weder durch Keynesianismus, Monetarismus, Bilanzierungstrickserei, Regio"geld" bis hin zu Kryptos noch durch demokratisch-diktatorische Maßnahmen zu retten.
„Es gibt kein Problem mit dem System und strukturelle Gewalt ist Teil des Systems, welches die Rückkehr der formlosen Gewalt durch Aufschuldung nur aufgeschoben hat.“
Darum wird auch in Zukunft wieder „Moriturum esse!“,
„Freiheit,Gleichheit,Brüderlichkeit!“, „Alle Macht den Räten!“ und "Heil Europa!" gebrüllt werden, wenn wieder Gläubiger beseitigt und Forderungen vernichtet werden.

Einige schräge Zitate neben richtigen Darstellungen:
- "wir haben einen aufgehobenen Goldstandard..."(Phoenix5 lesen)

- "Banken können völlig ohne Begrenzung neues Geld schaffen"...(Nein, nur Kredit vergeben, wenn sie die immer höheren Risiken tragen wollen. Giral ist kein Geld sondern Forderung auf Geld.)

- "Die Roboter werden unsere Situation verbessern"...(Nein, nur wenn die Roboter auch Steuern zahlen und konsumieren. Echte künstliche Intelligenz kann es systemisch nicht geben.)

- "ganz wichtig: es ist kein alleiniges Staatsschuldenproblem – die Unternehmen und privaten Haushalte sind das Problem"...(Doch, zweitere sind Folge von ersterem.)

- "Helikoptergeld führt nach M.Friedman ja theoretisch zu Kaufkrafterhöhung also kann doch praktisch die Notenbank die Staaten zur Wirtschaftsbelebung direkt finanzieren, weil das Geld ja aktuell bei den Banken stecken bleibt"...("Helikoptergeld" und BGE führen zu Geldentwertung = Macht- und Vertrauensverlust und Systemzerfall, da die Besicherung der Systemfinanzierung -der Abgabedruck- zerstört wird. Nur durch diesen wird das System am laufen gehalten.)

-„Umlaufgeschwindigkeit erhöhen“…(geschenkt, Geld ist kein Ding).

-die Notenbank ist eine staatliche Bank, die Gläubigerin des Staates, was im Prinzip das Gleiche ist. Würde sie seine Anleihen kaufen wie es schon geschieht – kann man dann doch annullieren. Notenbank bekommt Verlustvortrag…Bilanz kann zusammengestrichen werden...(Wesen von Geld als systemerhaltende Eigenschaft Geld=Macht nicht verstehende Zahlenschubserei)

-die Notenbank kann nicht pleite gehen, weil sie ja selbst das Geld drucken kann...(Notenbank druckt kein Geld sondern überträgt Geldsummen bei geldpolitischen Operationen auf Geldträger um Macht kurant zu machen und damit Machtzession, Wirtschaften und Grenzausweitung des Systems - finis- zu ermöglichen. Wenn sie "offen druckt" startet sie die Hyperinflation)

-smart ist, wenn die japanischen Rentenfonds ihre Staatsanleihen an die japanische Notenbank verkaufen und dafür Aktien japanischer Unternehmen kaufen...(smart ist im Debitismus immer nur, was eine Instanz allein auf Kosten aller anderer machen kann...z.B. Abgaben ex Waffengewalt erheben)

Wozu wurde hier im Forum so viel über Debitismus, Machttheorie, Eigentumsökonomik und Systemanalyse (insbesondere Simulationstheorie) geschrieben, wenn man sich doch immer wieder in Zirkelschlüssen und abenteuerlichen ökonomischen Räuberpistolen wiederfindet.
Na ja, immer noch besser als die ganzen VT’s und Symptombeschreibungen aktuell hier im Forum.

Seine Empfehlungen auf die Kanzlerfrage am Ende des Vortrages klingen durchaus sinnvoller und realitätsnäher als sein debitistischer Sachverstand werden aber erst in der kommenden EU-Diktatur durchsetzbar sein.

hier ein aktuelles, wie ich finde sehr interessantes, Interview mit
Daniel Stelter,
in dem er verschiedene Szenarien, wie es mit der Weltwirtschaft angesichts
überbordender Schulden weitergehen könnte, beschreibt.

Das einzig folgerichtige Szenario bei Überschuldung verschweigt er: Krieg
(Stellvertreterkriege, Wirtschaftskriege, Bürgerkriege, Weltkrieg)

Daniel Stelter im
Interview

Leider ist die Tonqualität manchmal etwas bescheiden, aber es lohnt bis
zum Schluss.

Das stimmt.
Als schlechtes Beispiel für eine Erklärung des Debitismus lohnt es allemal.
Aber wer will sich hier schon mit Debitismus auseinandersetzen.

Die eigentumsökonomischen Erklärungen sind, so sie nicht falsch formuliert sind, im Forum bereits dargelegt und ein guter Ansatz zum erneutem Nachdenken/Rekapitulieren/Auffrischen/Verbessern des eigenen Bildes.

Danke und

Liebe Grüße
Silke


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