Toller Beitrag, vielen Dank dafür! (oT)

Otto Lidenbrock, Nordseeküste, Montag, 21.08.2017, 10:49 (vor 2437 Tagen) @ Taurec4815 Views

Hallo!

Nur handelt es sich hierbei um keine sachliche Diskussion mehr, sondern um
die irrationale Verteidigung pseudoreligiöse Glaubenssätze. Desgleich
muß zwangsläufig unter die Gürtellinie gehen.

Aluhut

Fascho-Gedanken

Mimimi

faschistoid


Wer solche ausgelutschten, altbekannten Totschlagkeulen einwebt, um den
Kontrahenten in eine moralisch anrüchige Ecke zu stellen und zwischen den
Zeilen zu verstehen zu geben, daß sich mit ihm eine Diskussion ohnehin
eigentlich verböte, mit dem verbietet sich selbst jegliche Diskussion,
weil er dazu offenbar nicht bereit (und vielleicht auch gar nicht fähig
ist). Die Faschismuskeule wirkt wie kalter Wind, der durch hohle Gemäuer
pfeift, und zwar bei dem, der sie schwingt.
Ob die Angst vor dem Bösewicht Faschismus, den man völlig aus seinem
geschichtlichen Zusammenhang gerissen als Pappnase seinem Gegner anheftet,
um ihn als Mensch unmöglich zu machen, überhaupt noch bei jemandem
verfängt? Im Grunde sind wir am Anfang des 21. Jahrhunderts schon so weit
davon entfernt, daß diese Anheftung nichts weiter als lächerlich wirkt
und von einem Geist zeugt, der sich aus abgelebten historischen
Zusammenhängen nicht lösen kann und seinen kleinen Rahmen für die ganze
Welt setzt.

Es wäre schön, wenn wir hier mal ein bisserl mehr ins Detail gehen,

wenn wir über "das System" reden.

Auf diese Art verliert man sich in ewigem Detailgehudel über
Verfahrensfragen und rechtliche Spitzfindigkeiten, welche die
grundsätzliche Möglichkeit einer reinen Demokratie nicht in Frage
stellen, sondern als unbelegten irrationalen Glaubenssatz unhinterfragt
voraussetzen. Das große Ganze wird aus den Augen verloren. Ehe man sich
mit Detailfragen beschäftigt, sollte die grundsätzliche Frage geklärt
werden, ob Massendemokratie (eine andere hast Du offenbar nicht im Auge)
überhaupt möglich ist. Dazu sollte man sich mit Geschichtsschreibung und
Philosophie aus Quellen auseinandersetzen, die sich deutlich außerhalb der
in der demokratischen Gesellschaft sorgsam eingehegten Komfortzone bewegen.
Monterone hat hierzu durch seine vielfältigen Zitate insbesondere
französischer Autoren wohl einige Inspiration zu bieten.

Mir waren Oswald Spenglers Werke im Wesentlichen ausreichend, dessen
Lektüre genügt, einem die demokratische Unverfassung gründlich
auszutreiben – sofern man überhaupt bereit ist, die Grundfesten des
modernen Lebens in Frage zu stellen, was leider keine Frage des
intellektuellen Verstehens, sondern der seelischen Grundeinstellung und des
Charakters (im Sinne von "Wesensart") ist. Insofern sind Diskussionen
zwischen allzu gegensätzlichen Polen wohl von Vornherein zwecklos, da ein
gegenseitiges Überzeugen gar nicht möglich ist.

Daraus spricht natürlich mein persönlicher Eindruck, daß jeder, der nur
irgendwie demokratische "Werte" verficht, auf einer vorbewußten Ebene
grundsätzlich auf der falschen Seite steht und sich die Welt nicht
von der Seite des Lebens, sondern des Todes denkt. Kennzeichen dessen sind
Konstruktionsversuche steriler (also unfruchtbarer und toter) Systeme, die
das menschliche Leben durch Theorien und schriftlich niedergelegte
Verfahrensweisen von außen strukturieren wollen. Solche Systeme
leben nicht von innen heraus, sie wachsen nicht organisch aus dem
Zusammenleben der Menschen, sondern sind eben tote, grundsätzlich
lebensunfähige Ersatzkonstruktionen.
Spengler beschreibt die Demokratie als verfassungsmäßig festgeschriebene
Anarchie. Mit der überbordenden Bürokratie wird lediglich die zunehmende
Formlosigkeit des menschlichen Lebens verbrämt. In der toten Hülle der
Verfassungen und Verordnungen machen sich Aasfresser breit und Kräfte
kommen zum Wirken, die in der vordemokratischen Epoche durch eine Art
Immunsystem der Kultur unten gehalten wurden. Dergleichen Leute, die heute
den Ton angeben und das Denken der Menschen bestimmen, befanden sich zuvor
auch tatsächlich am Bodensatz der Gesellschaft. In diesem Sinne ist
Demokratie tatsächlich mit dem Verwesungsprozeß zu vergleichen, der
beginnt, indem Darmbakterien den Wirtskörper zu verdauen beginnen, ehe die
Aasfresser kommen. Wie auch die Verwesung ist der Verlauf der Demokratie,
wie wir ihn heute beobachten können, zwangsläufig. Alle Versuche, die
Demokratie zu reformieren, zu ihren Ursprüngen zurückzuführen, die
"heiligen Ideale" der Theorien in realis zu verwirklichen, sind bestenfalls
weltfremd.
Dieser überall zu beobachtende obszöne Beteiligungsfetischismus aus
"Teamarbeit", Ringelreigen und Händeklatschen, der die Menschen dazu
bringen soll, die Demokratie von unten her mit Leben zu füllen, kann über
die Todesnähe dieser Staatsverfassung nicht hinwegtäuschen. Die
begleitende Auflösung der Grundfesten der Gesellschaft, der Familie und
der Geschlechterrollen (aus denen sich alle gesellschaftlichen
Funktionen ableiten), wird dadurch nicht behoben. Diese Auflösung ist in
großstädtischen Formen des Aufeinanderlebens zwangsläufig. Die
egalitären, liberalen Grundlagen der Demokratie sind indes nicht die
Ursache, sondern ein Symptom einer schon vor dem Durchbruch der Demokratie
gründlich veränderten Lebensauffassung der Zivilisation insgesamt, welche
die innere Bindung an ihre kulturellen Grundlagen verloren hat. Eine
demokratische Verfassung bringt diese Grundstimmung lediglich in eine
äußere Form und macht sie auch für jene schwindenden Teile der
Gesellschaft durch Zwang verbindlich, die innerlich noch intakt geblieben
sind. Dahinter verbirgt sich eine besondere Perfidie der Demokratie.
Ein Versuch, dies zu ändern und aus der Demokratie sozusagen eine
"konservative Nationaldemokratie" oder ähnliches zu machen, ist zum
Scheitern verurteilt. Er würde von der Mehrheit der Menschen aufgrund der
zeitgeistlichen Tiefenströmung nicht getragen werden und alsbald in die
bekannten korrupten Formen übergehen. In diesem Sinne ist die Demokratie
tatsächlich alternativlos und eine Diskussion über etwas anderes
verbietet sich grundsätzlich, weil es sinnlos ist.

Dein wiederholtes, dümmlich-infantiles "Mimimi" ist der untaugliche
Versuch, dieser unausweichlichen Grunderkenntnis zu entgehen. Du forderst
letztlich völlig sinnlose Alternativen innerhalb eines im Großen und
Ganzen alternativlosen Verfallsprozesses, den Du als solchen gar nicht
erkennen kannst. Daß Leute, die das erkannt haben und die moderne Welt mit
all ihren vermeintlichen "Segnungen" und "Errungenschaften" in ihrer
Gesamtheit gedanklich in die Tonne stopfen, keinen Ausweg bieten können,
spricht aber nicht gegen die Richtigkeit ihrer Erkenntnis.
Das Fordern nach Alternativen spiegelt vielmehr den gedanklichen
Grundirrtum wieder, der sich letztlich auf die Aufklärung zurückführen
läßt, deren (im Wesentlichen stets falsch verstandene) Aufforderung, sich
seines Verstandes zu bedienen, zum Machbarkeits- und Planbarkeitswahn
geführt hat, der als wesentlicher Motor zur Zugrunderichtung des Lebens in
Europa beiträgt. Man meint, es diesmal richtig zu machen und die Staatform
zu finden, die das menschliche Leben ein für alle Mal in Ordnung bringt.
Seitdem werden Systeme abstrakt konstruiert, die zu Elend und Massenmord
führen, wo immer sie in die Tat umgesetzt werden. Das Leben und die
Geschichte als das Leben der Kulturen sind aber nicht planbar, weil es sich
aus seelischen Tiefenschichten organisch entwickelt, auf denen das
menschliche Bewußtsein mit seinen Gedanken, Theorien und Systemen
lediglich sekundär obenauf schwimmt. Theoriensysteme, Ideologien, etc.
sind lediglich eine Anzeige, welche Stunde es historisch geschlagen hat. In
Wirklichkeit bewegen sie nichts, bringen nichts hervor, sondern werden
hervorgebracht.
Noch nie wurde mehrheitlich und durch Beschluß des Volkes die Staatsform
fundamental geändert. Das waren bestenfalls Scheinabstimmungen (falls
überhaupt eine Abstimmung stattfand), die im Rahmen dessen, was die Epoche
als Möglichkeiten vorgibt, die äußere Verfassung geändert haben. Die
Abschaffung der Monarchie war kein vom Volk getragener Mehrheitsbeschluß.
Das Ende der Demokratie wird es ebensowenig sein.

Eine wahrlich organische Gesellschaftsform, die sich im Gegensatz zum obig
erschöpfend beschriebenen Sinne, von "unten" aus dem Zusammenleben der
Menschen selbst entwickelt, spiegelt stets die innere Struktur eines
höheren Lebewesens wieder, welche – wie der Begriff bereits aussagt –
aus "Organen" besteht. Diese sind funktional aufeinander bezogen und stehen
in einer gewissen Hierarchie zueinander. Es gibt ausführende,
verarbeitende, produzierende, transportierende Organe. Es gibt solche, die
lediglich vegetativ vor sich hin arbeiten, und solche, die bewußt
Entscheidungen treffen und bestimmen, wohin sich der Gesamtorganismus
bewegt. Dann gibt es solche Organe, die zur Reproduktion dienen, und
solche, die dem Schutz vor inneren Krankheiten oder äußeren Feinden
dienen. Diese ausdifferenzierte Struktur läßt sich eins zu eins auf die
Gesellschaftsform innerhalb von Hochkulturen übertragen, in welcher jeder
Mensch eine durch Geburt schicksalhaft zugewiesene Funktion zu erfüllen
hat, der er entweder durch sein persönliches Leben nachkommt, oder an
welcher er scheitert, wodurch er wie eine abgestorbene oder krebsartig
mutierte Zelle ausgesondert wird.
Aus der organisch-hierarchischen Differenzierung des Lebens, die sich auch
mit den Teilaspekten führende und ausführende Arbeit
beschreiben läßt, folgt zwingend, daß eine solche Gesellschaft niemals
demokratisch, sondern stets monarchisch aufgebaut ist. Wahlen gibt
es in solchen Gesellschaften nur unter Menschen, die von Geburt an die
gleiche Funktionsart im Gesamtorganismus haben. So wird, wer immer gewählt
wird, die ihm zugedachte leitende Funktion auch erfüllen. Dem entsprechend
setzen sich die wählenden Gremien aus kleinen Zirkeln einander bekannter
Männer zusammen: Kurfürsten, Stadtbürger, Zunfthandwerker, etc.
Das ist das höchste an Wahlen, das eine Gesellschaft verkraften kann, und
das in diesem Umfang auch völlig sinnvoll und stabilisierend ist. Die
Menschen regeln innerhalb ihres Lebensumfeldes, das sie überschauen und
verstehen, ihre Angelegenheiten selbst. Ein Bauer, der das Oberhaupt seines
Dorfes wählt, ist darin nicht weniger mächtig als die Kurfürsten, die
den Kaiser wählen. Auch die attische Demokratie, das altisländische Thing
und die antiken römischen Tribus bewegten sich im Grunde innerhalb dieses
Spektrums.

Gruß
Taurec

--
"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung