deutsche "Einheit" überhastet eingefädelt?

CalBaer, Sonntag, 18.06.2017, 19:17 (vor 2475 Tagen) @ Literaturhinweis5021 Views

In der DDR gab es einen beliebten Witz, der so endet: “Erich, du bist der Letzte, wenn Du rausgehst, mach’ das Licht aus.” (denn vollstaendigen Witz bitte ergoogeln).

Die deutsche Einheit überhastet eingefädelt? Das ist eine grosse Fehleinschaetzung, denn wie haette man 17 Millionen Fluechtlinge aufhalten sollen?

Es hiess nach der Wende auch ueberall: "Kommt der Westen nicht zu uns, gehen wir in den Westen". Man nannte es auch "Abstimmung mit den Fuessen", was kein Politiker haette verhindern koennen.

und auch eine Föderation zweier deutscher Staaten ohne Grenze dazwischen hätten die Deutschen nicht anders empfunden, als die Schweizer den Übertritt zwischen zweien ihrer Kantone

Die DDR-Buerger haetten eine Foederation zweier deutscher Staaten ohne Grenze dazwischen ganz anders empfunden. Ich kann es Dir aus eigenen, persoenlichen Empfindungen mit "boots on the ground" auch bestaetigen. Jeder der nach dem Fall der Mauer den Westen mit eigenen Augen gesehen hat, der hat die Moeglichkeit der Uebersiedlung mindestens durchgespielt. Fast alle Fachkraefte waeren nach ein paar Jahren schnell weg gewesen, weil allein die Einkommensunterschiede gravierend waren. Eine Foerderation mit offenen Grenzen haette nie funktioniert, das wusste schon Ulbricht und hat deswegen das Bauwerk errichtet.

Ausserdem war man sich bewusst, dass Gorbatschow ueber Nacht weg sein koennte und dann die russischen Panzer wieder rollen wie 1953, woran sich viele noch sehr gut persoenlich erinnern konnten. Das passierte in Moskau 1991 auch tatsaechlich. Schon allein wegen dieser Gefahr (500.000 Sowjetsoldaten in der DDR standen unter permanent hoher Breitschaft), die jedem Ostler tief bewusst war, haben viele nach dem Mauerfall bis zur Einheit im Osten in der Tat auf gepackten Koffern gesessen. Nur durch die schnelle Deutsche Einheit mit voelkerrechtlicher Absicherung hat man den Ostlern die Zuversicht und Gewissheit gegeben, dass sie auch im Osten sicher waren und es wirtschaftlich am schnellsten bergauf gehen wird.

Die sog. Waehrungs-, Wirtschafts- und Sozialunion war oekonomisch gesehen sicher voellig ueberhastet und mit immensen Kosten verbunden, nur war der politische und wirtschaftliche Druck von innen in der DDR und von aussen durch die immer noch zahlreichen und maechtigen Stalinisten in der Sowjetunion viel zu gross. Spaetestens der Putsch 1991 in der Sowjetunion war ein Beweis, dass die "ueberhastete" Einheit die richtige Entscheidung war. Aber selbst ohne militaerische Bedrohung haette man das Vertrauen der verbliebenen Ostler auf die Dauer verloren. Die Chance musste man eben schnell nutzen und das hatte Kohl ausnahmsweise richtig eingeschaetzt.

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