Massenmediale Verblödung

tar ⌂, Gehinnom, Freitag, 16.06.2017, 14:12 (vor 2505 Tagen) @ weissgarnix3761 Views

Aber sie transportieren mehrheitlich schon in Berichten (bzw durch die
Auswahl der Berichte) bereits MEINUNG statt Information.


Dem stimme ich im Prinzip zu. Wobei ich "Meinung" hier als Begriff noch
gar nicht mal strapazieren würde, denn über die wird ja trotz Wortwahl
nichts bekannt. Pegida mag nach Ansicht des Autors zwar "marschieren", aber
vielleicht findet er das insgeheim ja gut? Wer weiss das schon, wenn es
nicht in einem Text steht, der ausdrücklich mit "Meinung" überschrieben
ist. Marschieren tun alle, die entschlossen für oder gegen etwas angehen.
Auch die Studenten sind marschiert (oft genug im Spiegel) oder jüngst auch
die "Occupy Wallstreet"-Bewegung. Über die Meinung des Autors oder gar der
Redaktion wird da nichts wirklich gesagt, das ist einfach eine Frage der
Beherrschung des Sprachvokabulars. Findet man oft genug auch in der
Literatur, ein Georg Büchner bediente sich zB einer ganz anderen Sprache
als ein Heinrich Heine.

Wenn marschieren neuerdings entschlossen demonstrieren ist, demonstriert die Bundeswehr offenbar tagtäglich [[freude]]

Trotzdem stimme ich wie gesagt zu. Es ist die Selektion von Informationen,
die gewissen "eingelernten" Schablonen und Schemata gehorcht. Über diese
Schemata wurde sehr viel von sehr vielen Leuten geschrieben, von der
höchstpersönlichen Sozialisierung über redaktionelle Leitlinien und
Grundsätze des jeweiligen Verlags, über "Mechanismen der Skandalisierung"
und typisch deutsche Nachkriegsstereotypen bis hin zu forsch formulierten
Imperativen wie zB "Freundschaft zu Israel als deutsche Staatsräson" oder
"Islam gehört zu Deutschland".

Wenn die radikalen Linksextremisten namens "Antifa" beständig als "Linksaktivisten" und Pegida-Demonstranten als (Neo-)Nazis bezeichnet werden, hat das vermittelte Bild so viel mit der erlebbaren Wirklichkeit zu tun wie Sigmar Gabriel mit der Ernährungsberatung.

Es besteht doch gar kein Anspruch (mehr) auf einen intellektuellen Mehrwert. Dahingehend reiht sich meiner Wahrnehmung nach der Spiegel in die massenmediale Volksverblödung ein.

Speziell als letzteres geprägt wurde,
zeitlich war ich da gerade mit der FAZ zu gange und in engerem Kontakt mit
einem ihrer Herausgeber, kann ich nur sagen, wurde das von den
(konservativen) Medien wie FAZ und Welt überhaupt nicht wohlwollend
aufgenommen, sondern sehr kontrovers diskutiert. Andere Medienhäuser
(Zeit, Spiegel) fanden das hingegen supie. Gleichwohl haben natürlich
alle, alle, alle darüber geschrieben, weil von einem waschechten BuP so in
die Welt gesetzt und damit einfach nicht ignorierbar. Sprich von der
Auswahl der Themen her marschierten sie wohl alle in die gleiche Richtung,
aber deshalb schrieben sie noch lange nicht das Gleiche. Der
Generalvorwurf, dass dem immer so sei, stimmt daher meiner Ansicht nach
nicht. Noch deutlicher sieht das in wirtschaftspolitischen Themen aus: dort
mögen sich ebenfalls alle an den gleichen Themen abstrampeln (Export,
Einkommensverteilung, Steuerreform), aber dass sie alle das Gleiche
schrieben, behauptet hoffentlich niemand im Ernst.

Exakt:

[image]

Wo ist der differenzierte Journalismus?

Was AfD und dergleichen betrifft, so zumindest meine Beobachtung, gaben
sich FAZ und Welt anfangs durchaus wohlwollend und veröffentlichten auch
durchwegs positive Berichte. Oder auch die "Piratenpartei". Selbst zu
Pegida, da waren beide Zeitungen offenkundig "neugierig erregt". Das
änderte sich, als die offenbar unvermeidliche Radikalisierung einsetzte.

Was mich persönlich besonders stört, ist das beständig vermittelte Bild, dass wir überall auf den Straßen von einer neuen SA bedroht seien, Hitlerism all around, während die Wahrung der Bürgerrechte sowie des öffentlichen Eigentums und dessen regierungspolitische Zersetzung im Spiegel und dem Großteil der Massenmedien (oh Wunder: den staatsnahen) keine Erwähnung finden.

- Aleppo war tägliches Großthema, Mossul ist kaum


Mag durchaus sein. Und vielleicht gibt es dafür rechtschaffene
redaktionelle Gründe (andere Themen schienen interessanter), vielleicht
gibt es auch unlautere politische Motive. Wie gesagt: Der Verdacht der
Manipulation wird immer im Raum stehen, weil er tatsächlich auch zutrifft.
Wenn du die Mittel hättest, das komplette Weltgeschehen zu erfassen, aber
dann hast du jeden Tag nur 30 Minuten Zeit, deinem besten Freund davon zu
erzählen, wonach wählst du aus? Alles kannst du ihm unmöglich erzählen.
Erzählst du ihm das, was du für wichtig hältst? Oder das, was deiner
Einschätzung nach er für wichtig hält? Oder das, was bei ihm das
stärkste "Boooaaah, echt?" auslöst? Frag dich das doch mal. Und dann denk
dir noch dazu, dass dein wirtschaftliches Überleben davon abhängt, ob er
das interessant genug findet, dir auch morgen und übermorgen wieder
zuzuhören.

Das halte ich für kein Argument, denn es bedarf auch ausreichend Zeit, die Nachrichten entsprechend einseitig zu filtern.

--
Gruß!™

Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.


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