PISA war, ist und bleibt eine ziemliche Schimäre

Literaturhinweis, Sonntag, 21.05.2017, 10:54 (vor 2522 Tagen) @ Kaladhor7880 Views

Es ist zwar nur eine Vermutung, aber ich habe den Eindruck, dass das mit dem Zusammenbruch des osteuropäischen Sozialismusexperiments zusammenhängt.

Durch den Systemwettbewerb wurden viele Mechanismen im Westen auf Trab gehalten, das stimmt und könnte auch hier eine Rolle spielen.

Hinzu kommt wahrscheinlich auch noch die Tatsache, dass ab Mitte der 90er mehr und mehr Lehrer der "alten Garde" durch Lehrer der 68er abgelöst wurden....Sieht man ja sehr schön an den ganzen Experimenten, die fortan im Bildungssystem veranstaltet wurden.

Das ist eine zweischneidige Sache. Einerseits speiste sich diese neue Lehrergeneration aus Ideen A.S.Neills ("antiautoritäre Erziehung"), andererseits aus dem sowjetisch-tschekistischen Ideengut Makarenkos ("Der Weg ins Leben"), zwei Konzepte, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten.

Immerhin wurde seit den Siebzigern bis heute immer klarer, daß das System der "alten Garde" vor allem dazu zu führte, daß ausgerechnet die Hochbegabten (IQ > 130 per definitionem) in Sonderschulen landeten und vielfach in den Selbstmord getrieben wurden.

Der "neue" Ansatz hätte also durchaus Chancen gehabt, verwirklichte sich jedoch (in Deutschland mit einem Nazi-Schulgesetz, das wortgleich in den Ländergesetzen bis heute fortlebt) in einem staatlich-rechtlichen Rahmen, der es dem Lehrer erlaubt, per Notengebung Druck, auch auf die politisch-korrekte Meinung, auszüben. In der Soziologie als "repressive Toleranz" bekannt geworden und ausgerechnet von jenen "linken" Lehrern instrumentalisiert, die es in ihrem Sozialkundeunterricht thematisieren und Adorno oder Habermas "durcharbeiten" lassen.

Eine Lektion wurde dem Gelben hier schon spendiert.

Und dann kam natürlich auch noch der "europäische Gruppenzwang" hinzu in Form von "Ranglisten" durch die OECD (Abiturientenquoten und PISA).

Das ist jetzt wieder eines der eher wohlfeileren Argumente - denn die OECD-PISA-Studien waren der erste halbwegs erfolgreiche Versuch, quer über alle Ethnien und Schulsysteme den Schulerfolg wirklich meßtechnisch zu erfassen.

Argumentiert wird leider mit den Durchschnittswerten der deutschen Schülerinnen und Schüler, die genauso aussagekräftig sind, wie die durchschnittliche Schuhgröße aller Sechsjährigen, die daraufhin in dem betr. Schuljahr alle die gleiche Schuhgröße tragen müßten.

Dagegen hat PISA vielmehr ergeben, daß in Deutschland, nach Jahrzehnten "sozialer" Experimente nirgendwo auf der Welt die soziale Schichtung derart groß ist, wie im deutschen Schulsystem. Mit anderen Worten: eher schafft in Afghanistan ein dort gebliebenes Flüchtlingskind den sozialen Aufstieg "dank" des Schulsystems dort, als dank aller angeblichen "Förderung" und "moderner" Lehrmethoden, wenn man dasselbe Kind nach Deutschland verpflanzt. So krass ist das.

Gäbe es nicht die Gülen-Bewegung (was immer man von ihren Langfristzielen halten mag), so wären auch praktisch keine (erfolgreichen) türkischen Unternehmer in Deutschland zu finden (bis auf die Gemüsehändler).

Als ich zum allerersten Mal von diesen europäischen Abiturquoten gehört habe, bei denen Deutschland am unteren Ende zu finden war, war mir sofort klar, dass unsere Regierungen jetzt alles daran setzen werden, diese "Schmach" auszuwetzen....und was lag da näher als die Anforderungen abzusenken?

Mit Verlaub, genau das kann zwar bei den Abiturquoten (genauer: beim Vergleich der dadurch erzeugten Hochschulzugangsberechtigungen, denn das deutsche Abitur ist im Ausland wertlos) funktionieren - aber eben nicht bei "objektiveren" Tests wie PISA und IGLU (Grundschule).

Von daher, falls manche Bundesländer gerade der Nordschiene das versuchen, ist es im internationalen Kontext vergeblich.

Da schon bisher praktisch niemand mit dem deutschen Abitur im Erstsemester im Ausland ein Studium anfangen konnte. (Bis i.W. auf ein paar spezialisierte Universitäten, die deutschen in der Schule gescheiterten Medizinersöhnchen gegen viel Geld zum Arzttitel verhelfen.)

Daher waren die ausländischen Studenten in Deutschland häufig ab dem ersten Semester eingeschrieben, deutsche Studenten im Ausland fand man aber meist erst ab dem Grundstudium - da dann die Hochschulzugangsberechtigung keine Rolle mehr spielt.

Aufgrund des Bologna-Prozesses zusammen mit der Dreckszellenz-Initiative wurde das dann noch schlimmer, da, anders als bei Master, Bachelor und Associate im Ausland, die deutschen Universitäten derart "spezifische" Scheinfächer/-kurse/-seminare "erarbeitet" haben (weil man ihnen gesagt hat, sie müßten sich "von der Masse abheben"), daß nun nicht mal mehr ein Wechsel im selben Studiengang zwischen deutschen Universitäten ohne Mühewaltung möglich ist und, anders als beim Diplom-Studiengang mit seinen vollen acht Semestern, ein Bachelor sich oft nach sechs (Regel-) Semestern selbst an der eigenen Uni gestrandet sieht, weil er nicht zum Master-Studiengang zugelassen wird.

Das Thema ist wirklich nicht mit ein paar Sätzen abzutun. Gerade aber die besten Professoren haben sich aus der Diskussion zurückgezogen, weil sie vor lauter Bürokratie ihre Forschung vernachlässigen sollten. So wurde, wie schon die Schulbürokratie der Primar- und Sekundarstufe, auch noch der tertiäre Sektor von gut besoldeten Versagern gekapert.

Da liegt der Hund begraben.

Denn dieser Schritt ist definitiv einfacher und schneller umzusetzen, als bspw. durch Förderung und intensiveren Unterricht mehr Schüler in die Lage zu bringen, ein erfolgreiches Abitur zu erwerben.

Förderung? So, wie die Lehrerin, die der Trisomie-Schülerin die Matheaufgaben ausradiert, wenn diese die der normalen Schüler löst, statt ihre "Förderaufgaben"? Solange Lehrer echt der Meinung sind, es gebe Schüler die "schlechter sind als sie" können sie niemanden fördern. Auch die da kam erst dadurch dazu, Down-Kindern das Lesen beizubringen, weil ihr jemand zu sagen vergessen hatte, "daß das gar nicht geht".

Aus meiner Sicht sind das die drei hauptsächlichen Gründe für den allgemeinen Niedergang der Bildung in Deutschland.

Wie gesagt, PISA und IGLU etc. zeigen relativ "objektiv" zwei Dinge auf:

a) den durchschnittlichen Bildungsstand, abgebildet auf einer Punkteskala, bei der Deutschland so schlecht gar nicht dastand anfang der Zweitausender: 500 Punkte waren die Mittellinie und Südkorea war irgendwo bei 525 und Deutschland bei 475. Das hätte man einfach mal so hinnehmen sollen, denn das war gar nicht so schlecht, denn die Südkoreaner sind ein homogeneres Völkchen als das heutige überflutete Deutschland.

b) Was PISA etc. aber auch festgestellt haben, ist, daß Deutschland das sozial undurchlässigste Schulsystem hat, bei dem die Schulnote vom Einkommen des Vaters bestimmt wird - selbst, wenn die Mutter des Kindes alleinerziehend ist. Deutschland hat das rigideste Schulsystem und um die Durchschnittspunktzahl aus a) zu verbessern, muß das sich entweder ändern oder es gelingt eben nicht, egal, was man "unternimmt".

Daß es nicht gelingen kann, liegt aber zudem an den verfestigten Strukturen der Nicht-Integration, d.h. wenn ganze Stadtviertel vom Sozialbetrug besser leben, als deren Kinder durch Bildung hoffen, erreichen zu können, dann fehlt sogar der Anreiz.

Und solange Deutschland seine Hochbegabten über IQ 130 zu den Sonderschülern mit IQ unter 70 steckt, weil der durchschnitts'intelligente' Lehrer aus der Mittelschicht ("takes one to know one") Intelligenz nicht erkennen kann (vgl. vorgeschriebene "Lösungswege" in Mathematik), wird Deutschland auch nicht an die Zeiten zwischen 1870 bis 1933 anknüpfen können, als Hausunterricht und Schulexperimente noch prinzipiell erlaubt waren, und Deutschland die absolute Mehrzahl aller wissenschaftlichen Nobelpreise abräumte (relativ zur Bevölkerungsgröße war es noch erstaunlicher - geradezu das achte Weltwunder!). Die Verdummung begann 1933 ... und ist bis heute erfolgreich. Und manche sehnen sich gar danach zurück.

Aber selbst im 19. Jahrhundert mußte ein Einstein schon vor dem rigiden deutschen Schulsystem in die Schweiz fliehen.

Gelernt hat Deutschland aus alledem nichts und wird es auch nicht, dazu sitzen die Schul-Bürokraten, die ihre Kinder gerne auf von ihnen selbst am Gesetz vorbei zugelassene Privatschulen oder Internate geben, zu fest im Sattel. Selbst Schavan, die ihren Doktortitel daraufhin abgeben mußte, konnte nicht umhin, über den UNO-Sonderberichtserstatter zum Bildungswesen ganz undiplomatisch Dreckkübel auszuschütten, als er ihr Bildungssystem kritisierte. Heute ist sie zur Belohnung selbst Diplomatin. Kein Wunder hält sich das Vorurteil vom häßlichen Deutschen. Deutschland ist ein Sumpf.

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