Blepharospasmus - Lid-Dystonien

Literaturhinweis, Samstag, 29.04.2017, 18:37 (vor 2553 Tagen) @ Leserzuschrift9478 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 29.04.2017, 18:47

Das scheint ja hier die Anlaufstelle für alles zu werden [[freude]] ... da sieht man mal, welches Vertrauen das Gelbe manchmal genießt.

Ich weiß nicht, ob Du bereits einen Arzt wirklich "differentialdiagnostisch" hast da drüber schauen lassen.

Der jordanische Augenarzt scheint ja ohne die Patientin selbst gesehen zu haben, den Blepharospasmus diagnostiziert zu haben.

Ich denke, das ist eine Art Kunstfehler, denn es gilt in der Regel, bestimmte alternative Erkrankungen auszuschließen, die ebenfalls zu Lidschlußstörungen führen; wie sagt eine neurologische Praxis: "Typische Berichte der Patienten und klinische Untersuchungen führen den Arzt zur Diagnose." ...

Im englischen Wikipedia-Beitrag ist neben dem von Dir schon erwähnten Botulinustoxin (das sonst zum Fältchen-Wegmachen verwendet wird) und anderen Therapien als neueste erfolgversprechende medikamentöse Alternative Mosaprid beschrieben, dessen "Beipackzettel" mir aber nicht munden würde. (Weitere Mittel, die zumindest in der Studienphase sind: Mexiletine [Shinji Ohara; Jun Tsuyuzaki; Ryoichi Hayashi: Mexiletine in the treatment of blepharospasm: Experience with the first three patients] und Venlafaxine [Yu Lee; Yung-Yee Chang; Wei-Chiang Yeh; Mian-Yoon Chong; Pao-Yen Lin: Venlafaxine and tardive blepharospasm: A case report], sowie das Morbus-Parkinson-Medikament Levodopa [Trilochan Srivastava; Vinay Goyal; Sumit Singh; Garima Shukla; Madhuri Behari: Pallido-pyramidal syndrome with blepharospasm and good response to levodopa] u.a.m.; zudem gibt es chirurgische Verfahren.)

Es gibt einige alternativ abzuklärende Diagnosen wie Ptosis, sonstige Dystonien u.a., vgl. auch Meige-Syndrom.

Es gibt ein Buch einer selbst betroffenen Journalistin, "Zurück zur Zuversicht: Als das Leben vor meinen Augen verschwand", die wohl ihre Ärzterundreise bis zur richtigen Diagnose und schließlich erfolgreichen Behandlung beschreibt. Oftmals sind solche Schilderungen von (verständigen!) Patienten ein guter Ansatzpunkt (siehe auch: "Blepharospasmus vom Levator-Inhibitions-Typ, Klinik-Therapieoptionen" und "The Official Patient's Sourcebook on Benign Essential Blepharospasm").

In fast allen Quellen wird das "Retraining" beschrieben, d.h. das Wieder-Antrainieren des normalen Lidschlusses unter fachlicher Anleitung. Ich vermute nur, daß es in Deutschland derzeit noch nicht flächendeckend leicht sein dürfte, geeignete Therapeut(inn)en zu finden, vgl. Farias Technique, siehe auch "Using the brain to retrain the body to overcome dystonia" oder "Mental imagery and dystonia".

Dies funktioniert insbesondere dann, wenn der Blepharospasmus durch ein traumatisches Ereignis hervorgerufen wurde. Dafür spricht ja aber Deine Schilderung.

Es gibt noch andere 'nervöse' Störungen, die aufgrund einmaliger traumatischer Erfahrungen auftreten können, z.B. bestimmte Formen des Stotterns oder die nach dem Zweiten Weltkrieg verbreiteten sog. "Schüttler". Das waren Menschen, i.d.R. Zivilisten, die während eines Städte-Bombardements verschüttet worden waren und den damaligen Berichten zufolge krampfhaft die Bewegungen tag und nacht weiterführten, in denen sie gerade begriffen waren, als sie verschüttet wurden. Diese Leute leben heute nicht mehr, ich habe sie früher noch im Straßenbild gesehen, aber durch das permanente Schütteln war deren Lebenserwartung arg verkürzt, seit Mitte der sechziger Jahre ist mir keiner mehr begegnet.

Eine Entscheidung zum neuronalen "Retraining" (auch wenn die Ermittlung einer entspr. erfahrenen Fachkraft dauern sollte) bedeutet meiner Ansicht aber, von der Botulinus-Toxin-"Therapie" von vornherein Abstand zu nehmen, denn vermutlich wirkt sich die gewaltsame Nervenlähmung verschlechternd auf die spätere Ansteuerung dieser motorischen Nerven aus, da die zuständigen Neuronen im Hirn eben mit verkümmern, ähnlich wie langdauernde Stillegung etwa im Gipsverband. Da sollte sie lieber mit spielen.

Im Blepharospasm Bulletin Board schreibt eine Patientin, daß ihr das Retraining am meisten geholfen habe, aber erst, nachdem sie ein weniger streßfreies Leben führen konnte:

"Of all the things I have tried, the one that is helping me the most is neuroplasticity retraining, (although it is a slow and difficult process). Having said that, I don't think it would necessarily be helpful to everyone. I'm not sure it would have helped me almost 10 years ago, when I first developed BEB, because I was not at a place then where I could have eliminated so much stress from my life or had time and energy to focus on retraining my brain."

Du schriebst:

Nach mehreren Wochen und nach Gabe von Magnesium war das Lidzucken verschwunden.
Ich gebe Ihr z.Z. Magnesium phosphoricum D3, Arnica D 6, Silicea D 12 und sensomotorische Augen-Übungen

Letzteres ist aber keine Magnesium-"Gabe" - im homöopathischen Mittel ist ja kein Magnesium-Wirkstoff mehr drin, d.h. es kann nie und nimmer zur Erhöhung des Mg-Plasma-Spiegels führen. Und: nach der Hahnemannschen Regel sollte es gerade nicht wirken, vielmehr müßtest Du da -von der Homöopathie-Logik her- ein Botulinum-Präparat/Verreibung nehmen!

Magnesium-Nahrungsergänzungsmittel enthalten hunderte Milligramm und nicht Bruchteile von Nanogramm an verfügbarem Magnesium! (Vgl. auch die Frage der Bioverfügbarkeit - aber bisher klingt es so, als bekäme das Kind gar kein Mg.)

Hinweis: es gibt auch verschiedene Medikamente, die Blepharospasmus verursachen können, wenn sie eingenommen werden und andere, die Blepharospasmus verursachen können, wenn sie abgesetzt werden. Ich vermute aufgrund der Schilderung, daß das bei Euch nicht der Fall ist, und gehe daher nicht weiter darauf ein; wenn aber doch, dann sollte man das ebenfalls abklären (zumindest mal die Beipackzettel lesen oder aber nach weiteren Literatur-Quellen für Nebenwirkungen suchen).

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