Varoufakis - ein Segen gibt es jetzt die AfD

pigbonds, Samstag, 29.04.2017, 00:10 (vor 2552 Tagen) @ Blum5878 Views

Hallo Pigbonds,

Du bringst eine neue Perspektive. Aber der kann ich nicht folgen. Was ist
denn mein Denkfehler? Ich sehe es ja andersherum.

Merkels Trumpkarte leite ich aus Varoufakis' Argumenten ab. Es ist immer interessant,
sich auch die Leiden anderer Parteien anzuhören.
Varoufakis argumentiert gut, Sinn auch. Beide haben irgendwie recht.

So oder so, es ist möglich, dem Euro Ade zu sagen, wie auch für GR oder
vor allem I, die hätten dann die Waren bei sich und hätten die Assets bei
uns in ihrem Eigentum und D blieben über unsere ZB die uneinbringlichen
Forderungen.

Im Prinzip kann jeder raus, ja, und mit "Steinzeit" habe ich sicher übertrieben,
um zu zeigen, dass die Drohung der deutschen Exporteure vor einer starken DM
nicht unbeding nur Schaden bringen muss sondern dass auch die Abwertung Tücken
mit sich bringen kann - Kapitalflucht - was vermutlich schlimmer wirkt.

Denn die Targets sind nicht mit Pfändern unterlegt.

Siehe @Orlando. Ich würde aber die "Werthaltigkeit" nicht ausklammern. Vollstreckung
ist das eine, ob die Pfänder dann wirklich etwas wert sind, ist eine andere Frage.

Also, dennoch wieso sollten die PIIGS-Länder das tun? Doch nur, um ihre
Währungen so anzupassen, dass sie wieder wettbewerbsfähig sind, auf
eigenen Füßen stehen können. Also nur, wenn sie vernünftig und
nachhaltig und selbständig sein wollen. Bisher leben die Besitzenden
jedoch besser, wenn sie weiterhin Eigentum auf Pump erwerben und die
Rechnung vom deutschen Michel bezahlen lassen.

Das ist eine gefährliche Verallgemeinerung. Jeder Michel kann für sich selbst
entscheiden. Will er micheln oder pumpen?

Also die Targets sind zahnlose Forderungen. Formal wäre nach
Währungsreform in PIIGS natürlich die Forderung weit höher als jetzt,
doch das ist faktisch wirkungslos.

Weiss nicht wie zahnlos. Bisher scheint niemand diese Forderungen einfach
abschreiben zu müssen.

Warum also sollste D drohen können und wie? D und die anderen kleinen
Forderungsländer sind im EZB-Rat in der Minderheit und nach Brexit haben
sie auch sonst in der EU nix mehr zu sagen, können überstimmt werden.

Ja, das sind ja Sinn's Argumente und ich finde sie auch recht überzeugend. DE muss
aber nicht drohen, die anderen wissen, dass DE drohen könnte, das ist ein Unterschied.

In diesem Sinne könnte eine AfD, die zwischen 10-20% schwankt auch als Segen für
Merkel angesehen werden, Merkel kann dann immer nette Miene machen, wäre gerne
hilfsbereit, kann aber nicht, weil ihr die AfD im Nacken sitzt.

So verhandelt auch der Schweizer Bundesrat, findet die EU-Vorschläge immer sehr
einleuchtend, muss dann aber jeweils noch vor drohenden Volksabstimmungen warnen.

Vor der Gründung der AfD hat DE ein solcher Hebel gefehlt. Taktisch enorm wichtig.

Was geschähe, wenn Deutschland den Euroraum verlassen wollte? Es
geschähe jenes,
was bereits jetzt an den Target2-Salden abzulesen ist, das gesamte

Kapital

würde
vom Euroraum nach Deutschland strömen, in Erwartung einer relativen
DM-Aufwertung
gegenüber dem Euro.


...

Währungsreformen jeder Art funktionieren nur im Überraschungsmodus. Und
schon jetzt fliessen die Verbindlichkeiten der Ausländer nach D und die
Waren aus D. Das Schuldgeld wird im Ausland gezogen. Damit werden in D die
Assetpreise angefüttert oder Waren gekauft.

"Die Deutschen" werden somit reicher. Enjoy.

Problem: Dieses Schuldgeld
holen sich die ausländischen ZB effektiv aus der ZB in D, über
Targetschulden ihrer eigenen ZB. Ergo: D verschenkt seine Waren, und
erhöht seine Assetpreise (die ja keinen Mehrnutzen bringen).

Die Waren werden nicht verschenkt, weil sie nicht von der "Deutschland AG" sondern
von verschiedenen Unternehmen hergestellt und verkauft werden. Diese verdienen, werden
reicher und zwar gegenüber jenen Deutschen, die nicht an diesen Geschäften beteiligt sind.

Die Aufwertung würde auf einen Schlag kommen, alles durcheinanderwirbeln
und ab da ist normales Geschehen wie unter allen Währungen angesagt.

Weiss nicht. Ich denke, es gäbe einen Vorlauf. Öffentliche Diskussionen, ich glaube nicht,
dass man einfach raus könnte. Logisch, mit dem definitiven Entscheid käme eine sprungartige
Anpassung.

Deshalb kann ich Deinem Gedanken also nichts abgewinnen, lasse mir aber
gerne erklären, was an meiner Überlegung falsch ist.

Wieso kann ein Schweizer Friseur in die Karibik reisen und dort Urlaub machen, während
eine Schweiz-Reise für einen Friseur aus der Karibik eher zu teuer ist? Die Schweiz kann
viel mehr Kapital anziehen. Natürlich wäre das Verhältnis zwischen DE und FR nicht so
deutlich, aber in der Tendenz würde eher Kapital von FR nach DE verschoben als umgekehrt.

Sollte das der Fall sein, bitte sage auch, wo H.-W. Sinn und Daniel
Stelter ihre Denkfehler haben bezüglich dieses Themas.

Z.B. bei Sinn sehe ich einen Denkfehler darin, dass er davon ausgeht, dass bereits eine
Währungsabwertung den griechischen Produktionsstandort stärken könnte. Ich glaube dieser
Effekt würde von anderen negativen Effekten überkompensiert, z.B. institutionelle Defizite, etc.

Ich sehe aber auch Varoufakis' Position kritisch, ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich es
nur annehme, aber ich glaube, punkto Behörden-Effizienz gibt es schon Unterschiede zwischen DE und GR.
Z.B. beim Erheben von Steuern. Und gerade als jemand, dem der Debitismus einleuchtet, sehe ich
das effiziente (und "gerechte"?) Eintreiben von Steuern als zentral an.


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