Bundesverfassungsgericht ignoriert das Magdeburger Urteil, obwohl fehlerhaft und grundgesetzwidrig

Hannes, Donnerstag, 16.02.2017, 02:47 (vor 2618 Tagen) @ 16709 Views

...

Im Wesentlichen ist das Problem, dass die Wohnungsbaugesellschaft
Magdeburg GmbH meint, nicht verpflichtet zu sein, die Datenschutzfragen der
Mieter zu beantworten. Kein Vergleich, kein Reden: Die Mieter sollen simpel
gezwungen werden, die verdächtige Technik in allen (!) Räumen
bedingungslos zu dulden - Was nicht einmal die Landesbauordnung verlangt
(nur Schlaf- und Fluchträume)!

Die Bedrängten werden sich weiter wehren, nun mit einer Verfassungsklage.

...

Ohne Begründung gleichsam vom Tisch gewischt: Vierundvierzig Seiten Verfassungsbeschwerde am 2. September 2016 juristisch sauber niedergeschrieben. Nach gerade mal einer Woche beschließen die BverfG-Richter einstimmig, dass sie das Problem ignorieren wollen:

„BUNDESVERFASSUNGSGERICHT -1 BvR 2021/16 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
…
gegen
a) den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 22. Juli 2016 - 2 S 464/15*279*
b) den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 11. April 2016 - 2 S 464/15 -,
c) das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 16. November 2015 - 104 C 3458/14 -
u n d Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Gaier, Schluckebier, Paulus
gemäß Â§ 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBI I S. 1473) am 13. September 2016 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Von einer Begründung im Übrigen wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Gaier Schluckebier Paulus“

Dazu eine Meldung vom 28.11.2016:

„Die Verbraucherminister von Bund und Ländern sind sich einig: der Datenschutz bei vernetzten Haushaltsgeräten reicht nicht aus. Daher fordern sie Richtlinien für vernetzte Geräte, die Anbieter und Hersteller in die Pflicht nehmen.
…
Für die Verbraucher müsse klar erkennbar sein, welche Daten vernetzte Geräte an welche Empfänger senden. Auch darüber, wie, wo und wie lange Daten gespeichert werden solle informiert werden. Neben zusätzliche Pflichten für die Anbieter soll ein neues Logo hier helfen: mit ihm sollen die Nutzer erkennen können, wie viele Daten ein Gerät erhebt und nutzt – ähnlich der bekannten Energieeffizienzklassen bei elektronischen Geräten.“
Quelle: „GFM Nachrichten“ D-85421 Erding

Genau dieses Problem liegt aber doch hier vor! Und wird von der deutschen Justiz ignoriert, obwohl Millionen deutscher Bürger davon betroffen sind?

Zur Erinnerung: Die Richter urteilten am Magdeburger Landgericht, dass man sich bei Bedarf ja individuell im Internet informieren könne, was diese Rauchwarnmelder denn so täten im Detail.

Als ob nicht allgemein bekannt wäre, dass diese technischen Neuentwicklungen aus nachvollziehbaren Gründen eben nicht restlos dokumentiert werden, für Jedermann, im Sinne von „Open Source“!

Dazu kommt, dass über drahtlose Kommunikation Firmware-Updates denkbar sind, also jederzeit Änderungen der Funktionen vorgenommen werden können, von denen der Mieter in seinem Schlafzimmer dann nicht mal etwas mitbekommt. Die Temperatur wird laufend gemessen, die Helligkeit im Raum, der Abstand von Objekten ermittelt.

Die aggressive Einbau-Wut der Wobau Magdeburg ist nicht mehr nachvollziehbar. Wie ich aus gut informierten Kreisen weiß, sollen alleine in der Stadt Magdeburg ca. 50 bis 60 Klagen gegen widerspenstige Mieter, allein von dieser Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg GmbH, in Auftrag gegeben worden sein: Duldung des Einbaus von diesen funkenden Sensoren (Rauchwarnmelder) in alle Wohnräume, letzeres auch noch als ein klarer Verstoß gegen die Landesbauordnung (Schlafräume und Fluchtwege) frech gerichtlich durchgesetzt, Gerichtsvollzieher und Zwangsöffnung der Wohnung werden schriftlich angedroht.

Im konkreten Fall dieses Fadens haben die Beklagten nun auf den Gang zu europäischen Gerichten verzichtet. Sie haben erkannt, dass sie der Leberwurst nicht noch den Schinken hinterher schmeißen sollten. Sie haben keine Rechtsschutzversicherung. Und die Kosten, verursacht durch die Klage der WoBau Magdeburg und deren Gesprächsverweigerung, schmerzen durchaus.

Man fragt sich: Ist das ganze Theater eigentlich noch angemessen, bei den deutschlandweit durch Rauchwarnmelder maximal 100 zu verhindernden Todesfällen im Jahr?

Wer jetzt aufschreit: „ein Menschenleben allein rechtfertigt jeden Aufwand“ usw., der halte sich vor Augen, dass beispielsweise mit etwas mehr Hygiene (-Kosten!), allein bei Krankenhausinfektionen soll es jedes Jahr 30.000 Tote geben , leicht 1.000 Menschen jedes Jahr zu retten wären. Oder mehr. Aber ich habe noch nie von Zwangsvollstreckungen gegen Kliniken gehört, diesbezüglich.

Oder dies: „Jedes Jahr sterben in Deutschland etwa 890.000 Personen, davon etwa 110.000 wegen dem (Passiv-)Rauchen, also davon jede 8. Person. Das sind pro Tag etwa 300 Tote.“

Aha: „Rauchwarnmelder retten Menschenleben“ – aber im ganzen Jahr Deutschlandweit nur etwa so viel wie an einem Silvestermorgen allein durch „(Passiv-)Rauchen“ getötet werden? Die Nikotin-Totenmenge eines Vierteltages im Jahr entspricht dem Jahresrettungsertrag durch Rauchwarnmelder in Deutschland?

Wann kommt endlich die Helmpflicht für Fußgänger? [[freude]]

Ich werde hier in Auszügen dokumentieren, bis ins Detail, wie im Magdeburger Sprengel Recht gesprochen wurde.

Liebe Sachsen und Berliner: Macht es besser. Bei Euch kommt diese „Rauchmelderpflicht“ auch noch.

Es geht nicht um Eure Gesundheit und Euer Leben. Man will in Eure Wohnungen, so wie man derzeit Telefon-, Post- und Brief-, Bankgeheimnis usw. abschafft. Dies ist des Pudels Kern m. E.

Im Folgenden aus der Klageschrift, zuerst soll nur ein Aspekt als Vollzitat genügen, Weglassungen durch „…“ gekennzeichnet:

„…
2. September 2016
Verfassungsbeschwerde
… - gegen
a) das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 16.11.2015 zu Aktenzeichen: 104 C 3458/14,
b) den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 11.04.2016 zu Aktenzeichen: 2 S 464/15,
c) den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 22.07.2016 zu Aktenzeichen: 2 S 464/15*279*
wegen Duldungspflicht des Mieters auf Einbau von Rauchmeldern

Namens und unter Vorlage der auf uns lautenden Vollmachten der Beschwerdeführer erheben wir

Verfassungsbeschwerde

gegen die vorgenannten fachgerichtlichen Entscheidungen und beantragen, wie folgt zu erkennen:

1. Das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 16.11.2015 zu Aktenzeichen: 104 C 3458/14, der Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 11.04.2016 zu Aktenzeichen: 2 S 464/15 und der Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 22.07.2016 zu Aktenzeichen: 2 S 464/154'279* verletzen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, aus Art. 13 GG und aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 iVm Art 1 Abs. 1 GG.

2. Der Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 11.04.2016 zu Aktenzeichen: 2 S 464/15 und der Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 22.07.2016 zu Aktenzeichen: 2 S 464/15*279* verletzen die Beschwerdeführer ferner in ihren Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG, aus dem Anspruch auf faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG, aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und aus dem Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

3. Die Sache wird zurückverwiesen.

4. Die notwendigen Auslagen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens werden den Beschwerdeführern erstattet.

5. Im Wege Einstweiliger Anordnung wird die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 16.11.2015 zu Aktenzeichen 104 C 3458/14 bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, ausgesetzt.
…“

Ab Seite 23 von 44 der Verfassungsbeschwerde wird der der Besitz-Aspekt juristisch behandelt:

„…
I. Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG für die Beschwerdeführer als Mieter

1. Schutzbereich

Der persönliche und sachliche Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist eröffnet; die Beschwerdeführer sind Mieter der streitgegenständlichen Wohnung, die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG schützt auch das Recht des Mieters an der gemieteten Wohnung als Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 89, 1 <5 ff.>; BVerfG, 1 Bvit. 2285/03 vom 16.01.2004).

2. Eingriff

Die angegriffenen Entscheidungen stellen auch Eingriffe in dieses Grundrecht dar, da durch die Duldung des Einbaus und der Wartung direkt in die Wohnung als Besitz der Beschwerdeführer eingegriffen wird.
Unter einem Grundrechtseingriff im Allgemeinen ein rechtsförmiger Vorgang verstanden, der unmittelbar und gezielt (final) durch ein vom Staat verfügtes, erforderlichenfalls zwangsweise durchzusetzendes Ge- oder Verbot, also imperativ, zu einer Verkürzung grundrechtlicher Freiheiten führt und damit dem Einzelnen ein Verhalten ganz oder teilweise unmöglich macht (BVerfG, 1 BvR 670/91 vom 26.06.2002, Rn. 68). Dies liegt hier vor.

3. Rechtfertigung

Der Eingriff ist nicht gerechtfertigt.

Nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG werden Inhalte und Schranken durch ein Gesetz bestimmt. Der Gesetzgeber muss in Erfüllung seines Auftrages aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG die beiden miteinander konkurrierenden Positionen inhaltlich ausgestalten, gegeneinander abgrenzen und die jeweiligen Befugnisse so bestimmen, dass die beiden Eigentumspositionen angemessen gewahrt werden.

Diese Notwendigkeit besteht ebenso bei anderen abgeleiteten Rechtspositionen, die schon bisher als Eigentum i. S. des Art. 14 GG anerkannt waren (vgl. etwa für das Erbbaurecht BVerfGE 79, BVERFGE Jahr 79 Seite 174 (BVERFGE Jahr 79 Seite 191) = NJW 1989, NJW Jahr 1989 Seite 1271).

a) Die Befugnisse von Mieter und Vermieter zuzuordnen und abzugrenzen, ist Aufgabe des Mietrechts. Der Gesetzgeber muss die schutzwürdigen Interessen beider Seiten berücksichtigen und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Ein Eigentumsschutz des Mieters für sein Besitzrecht dient dabei der Abwehr solcher Regelungen, die das Bestandsinteresse des Mieters gänzlich missachten oder unverhältnismäßig beschränken. Die Eigentumsgarantie bleibt also - hier wie auch sonst - staatsgerichtet. Der Eigentumsschutz des Mieters unterscheidet sich in seiner Struktur nicht von demjenigen des Vermieters und Eigentümers. Namentlich folgt aus dem Eigentumsschutz des Besitzrechts nicht, dass im Konflikt beider durch die Verfassung geschützten Eigentumspositionen das Bestandsinteresse des Mieters in jedem Falle vorgeht. Er hat dabei sowohl die Belange des Mieters, nämlich sein Bestandsinteresse, als auch die des Vermieters, nämlich sein Erlangungsinteresse, in angemessener Weise berücksichtigt. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung, die als solche mit den verfassungsrechtlichen Vorstellungen eines sozial gebundenen Eigentums nicht in Einklang stünde, ist unzulässig. Die Eigentumsgarantie entfaltet ihre freiheitssichernde Funktion in beide Richtungen. Der vertragstreue Mieter wird in seiner Wohnung als Lebensmittelpunkt geschützt, in welche nicht durch nicht berechtigte Interessen des Vermieters eingegriffen werden darf. Die Wohnung ist der räumliche Mittelpunkt freier Entfaltung seiner Persönlichkeit und der Freiraum eigenverantwortlicher Betätigung (vgl. BVerfGE 68, BVERFGE Jahr 68 Seite 361 (BVERFGE Jahr 68 Seite 371) = NJW 1985, NJW Jahr 1985 Seite 2633) (vgl. (BVerfG, Beschluss vom 26.05.1993 - 1 Bv-R. 208/93).

Gesetzliche Grundlage für den Eingriff ist § 555d BGB; danach hat der Mieter eine ModernisierungsMaßnahme zu dulden.

Soweit sich die Vermieterin in ihre Klageschrift auf § 554 Abs. 2 BGB beruft, ist dieser seit 2013 weggefallen.

Nach 5 555b BGB sind ModernisierungsMaßnahmen solche, die durch die Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird (Nr. 4), durch die die allgemeinen Wohnwertverhältnisse auf Dauer verbessert werden (Nr. 5) und u.a. die auf Grund von Umstanden durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, und die keine Erhaltungsmaßnahmen nach 5 555a sind (Nr. 6).
Nach 555c Abs. 4 BGB müssen Modernisierungsmaßnahmen nicht mit 3-Monats-Frist und formgerecht angekündigt werden, wenn diese nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden sind und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen.

b) Die allgemein zuständigen Fachgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung der Maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften des einfachen Rechts ebenfalls die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten; sie müssen die im Gesetz auf Grund verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den beiderseitigen Eigentumsschutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeeinträchtigungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <8>; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2000, S. 2658 <2659>; (BVerfG, 1 BvR 2285/03 vom 16.01.2004). Die Gerichte waren danach gehalten, bei der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelung die widerstreitenden grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Vertragsparteien zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfGE 90, 27 <33 f.>).

Dem werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Das Amts- und das Landgericht haben bei der Abwägung der widerstreitenden Belange dem Recht der Beschwerdeführer aus Art. 14 GG nicht die von Verfassungs wegen gebührende Bedeutung beigemessen.

Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist allerdings erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 89, 1 <9 f.>; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, a.a.O.; (BVerfG, 1 BvR. 2285/03 vom 16.01.2004).

Das ist hier der Fall.

aa) Die Gerichte haben keine Abwägung der gegensätzlichen Interessen vorgenommen, sondern trotz des bestrittenen Vortrages der Vermieterin — und insoweit ist diese beweisfällig geblieben — sowohl eine Bagatellmaßnahme als auch die Gebrauchswerterhöhung und Verbesserung der Wohnverhältnisse mittels Steigerung der Sicherheit angenommen. Vorgenanntes ist nach herrschender Rechtsprechung und Literatur objektiv festzustellen. Die gerichtlichen Entscheidungen lassen eine Auseinandersetzung und Maßstabsfindung hinsichtlich der objektiven Anhaltspunkte vermissen. Vor allem, nach dem die Beschwerdeführer dies substantiiert bestritten und die subjektive Gebrauchs- und Wohnwertminderung dargelegt haben, hatte das Gericht zur Feststellung dieser Tatsachen — die dem Beweis zuganglich sind — in einer Beweisaufnahme auseinandersetzen müssen.

Zwar mag das Verlangen lediglich objektiver Bewertung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein, allerdings muss sich darauf nicht nur die Vermieterin berufen, sondern dies auch darlegen und beweisen, sodass sich das Gericht mit der Behauptung der Vermieterin und den Einwendungen der Beklagten auseinandersetzen kann. Diese haben im sämtlichen Schriftverkehr des Ausgangsverfahrens mehrfach auf die Beeinträchtigungen durch den Einbau der von der Vermieterin begehrten Rauchwarnmelder hingewiesen und erläutert.
Es ist im Übrigen schon ein Widerspruch, dass eine Bagatellmaßnahme eo ipso nunmehr eine spürbare und objektivierbare Gebrauchswerterhöhung und Wohnwertverbesserung mit sich bringen soll, die einen Eingriff rechtfertigen. Der vorliegende angebliche Sicherheitsgewinn läge lediglich in der Funkübertragung. Jenem sind die Beschwerdeführer entgegengetreten, jenen hat die Vermieterin nicht bewiesen und entspricht auch nicht der DIN14676, sodass erst Recht diese Frage hätte durch Beweis geklärt werden müssen; das Gegenbeweisangebot der Beschwerdeführer lag vor.
Ferner missachteten die Gerichte die bereits vorhandenen Rauchmelder der Beschwerdeführer, welches einzeln, aber funktionstüchtig sind und regelmäßig überprüft werden. Hätten sich die Gerichte damit auseinandergesetzt, so hätte das Gericht zugunsten der Beschwerdeführer zugestehen müssen, dass eine Funküberprüfung nicht den Anforderungen der DIN entspricht. Diese verlangt eine Sichtprüfung. Die DIN 14676 findet als objektives Kriterium — denn nur eine Rauchwarnmelderanlage nach DIN kann objektiv Gebrauchs- und Wohnwert verbessern — auch im. Rahmen von § 555b BGB Berücksichtigung.

bb) Die Grundrechtsabwägung der Ausgangsgerichte war daher fehlerhaft.
Im großen Teil wurde der Vortrag der Beschwerdeführer nicht berücksichtigt und durch die Beschwerdeführer bestrittener Vortrag als unstreitig gestellt und zur Grundlage der Entscheidung gemacht.

So ließen die Ausgangsgerichte unberücksichtigt, dass sich die Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 29.06.2014 auf ihr Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung beriefen und um ein klärendes Gespräch baten. In ihrem Vortrag (u.a. Klageerwiderung und Schriftsatze vom 09.07.2015 und 14.03.2016) wiederholten die Beschwerdeführer den drohenden Grundrechtseingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung sowie in ihre Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch den Einbau, das Vorhalten des Rauchwarnmelders der Vermieterin, die jährlichen Sichtproben zur Kontrolle und Aufzeichnung der Lichtverhältnisse durch den Rauchmelder.

Es blieb unberücksichtigt, dass das Interesse der Vermieterin am Einbau der Funkwarnmelder in sich widersprüchlich ist, wenn diese eine Funküberprüfung wollen, die DIN14676 aber nur die Sichtprüfung zulässt. Dem hierfür angebotene Gegenbeweis durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens wurde nicht nachgegangen.

Unberücksichtigt blieb das Bestreiten einer Modernisierungsmaßnahme, namentlich dass keine Wohnwert- und Gebrauchswertverbesserung durch Sicherheitserhöhung vorliege: es blinke und funke ständig, die regelmäßige Störung erfolge auch durch den Zutritt durch Dritte (Einbau, Wartung durch unbekannte Personen) in die Wohnung oder auch durch Signale des Melders, die die Beschwerdeführer selbst nicht steuern könnten. Daneben sei kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Einbau von Rauchwarnmeldern und angeblich geringerer Anzahl von Brandopfern zu verzeichnen.
Unberücksichtigt blieb das Bestreiten der Beschwerdeführer, dass die von der Vermieterin begehrten Rauchmelder überhaupt DIN-zertifiziert seien und bei drei Beteiligten (Vermieterin, Fa. Brunata, Fa. Glanz Express Zerbst) überhaupt alles „in einer Hand" liegen solle.
Unberücksichtigt blieb der Vortrag der Beschwerdeführer, § 47 Abs. 4 BauO-LSA verpflichte nur zum Einbau von Rauchwarnmeldern in Schlaf- und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege aus Aufenthaltsräumen führen, und nicht in Wohnräumen.
Nicht in die Abwägung eingeflossen ist, dass die Beschwerdeführer selbst die Wohnung mit in Betrieb befindlichen, funktionstüchtigen, mit VdS-Zertifikat-Nummer versehenen und vollwertigen Rauchwarnmeldern beim Einzug 2012 an allen Orten, die die BauO LSA vorsieht, entsprechend DIN14676 ausgestattet und hierzu jeweils Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten haben. Ebenso, dass sie regelmäßig die Tests der in der Wohnung befindlichen und von ihnen installierten Rauchwarnmelder durchführen.
Unberücksichtigt blieben die Fragen und Bedenken der Beschwerdeführer, die diese konkret und anlassbezogen formulierten und welche seitens der Vermieterin nicht beantwortet wurden.
Zugunsten der Vermieterin wurde durch das Gericht ohne Beweisaufnahme unterstellt, die von ihr begehrten Funkwarnmelder seien DIN-gerecht.
Daneben unterließ das Gericht die Auseinandersetzung des unbestrittenen Vortrages der Beschwerdeführer, die Vermieterin wolle sie ausspionieren (lassen). Vortrag und Bestreiten waren daher substantiiert und Beweis angeboten:
Zum einen liefert der begehrte Rauchmelder nämlich die technische Möglichkeit dieses Vorgehens, da er über Ultraschallsensoren, Infrarot-Technologie, integriertem Helligkeitssensor, fotooptischem Streulichtprinzip, Mikroprozessor und Archivierung der Dokumentation für 10 Jahre verfügt. Ein Ausspähen im Sinne der Erstellung von Bewegungs- und Anwesenheitsprofilen sei möglich. Hierzu boten sie Beweis durch Sachverständigengutachten an.
Zum anderen trugen die Beschwerdeführer vor, dass sie der Vermieterin schon deshalb nicht vertrauen, weil — ebenfalls unbestritten — in deren Mietshäusern massenhaft Einbrüche mit Zweitschlüsseln stattfinden und Personen im Auftrag der Vermieterin die Wohnungstür der Beschwerdefahrer mit einem nicht bekannten Zweitschlüssel geöffnet und sich Zutritt verschafft haben.

Unberücksichtigt blieb der unbestrittene Vortrag der Beschwerdeführer, dass sie selbst in ihrer Wohnung versuchen, Strahlung jeglicher Art zu vermeiden, durch Verzicht auf Schurlostelefone und W-LAN.

Soweit sich das Amtsgericht in seiner Entscheidung allein auf § 555b Nr. 4 und 5 BGB stützt und das Landgericht dies fortsetzt, liegt daher ein Eingriff ohne Rechtfertigung vor.

cc) Sofern sich das Landgericht auf 555b Nr. 6 BGB iVm § 47 BauO-LSA stützt, räumt es mit dem Beschluss über die Gehörsrüge vom 22.07.2016 einen Subsumtionsfehler ein. Damit wird offen, dass das Gericht den Wortlaut des § 47 BauO-LSA missverstand, indem es den Wohnraum mit aufnahm, und das Urteil des Amtsgerichts nicht abändert. Der eingeräumte Subsumtionsfehler indiziert eine fehlerhafte Abwägung der gegenläufigen Grundrechtspositionen der Prozessparteien, da dieser sich unmittelbar belastend für die Beschwerdeführer und bevorteilend für die Vermieterin auswirkte.

4. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte bei hinreichender Berücksichtigung der sich aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden Vorgaben zu einer anderen, den Beschwerdeführern günstigen Entscheidung gelangt wären. Die Beschlüsse des Landgerichts setzen die vom Amtsgericht erfolgte Grundrechtsverletzung in eigenständiger Weise fort.
…“


Gute Nacht
H.


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