Bitte korrigieren: ...ursprünglich (a!)kephalen und egalitären...

Silke, Montag, 16.01.2017, 08:26 (vor 2628 Tagen) @ 7149 Views
bearbeitet von Silke, Montag, 16.01.2017, 18:05

Lieber Ashitaka,

Hallo Zarathustra,

Sehe ich ähnlich, Ashitaka, mit dem kleinen aber feinen Unterschied,

dass

der Rechtsruck nicht von den Parteien ausgeht, sondern schlicht und

einfach

von der Bevölkerung (social mood).


Die Bevölkerung, sie rückt nach Rechts. Der Ruck (Akt), er aber geht
nicht von ihr aus, sondern vom Zentralmachtsystem in welchem das Volk erst
aktiv sein "kann" (das Potential erhält, befähigt wird, Rechte erhält,
rücken kann!).

Du verfolgst leider weiterhin nur das aktivische Treiben der Massen, Zara.
Immer schön auf die Handlungen der Individuen blickend, sich aber vor
einem Blick auf die Potentialstruktur (Möglichkeiten) und Herkunft dieser
Potentiale verschließend. Wem's gefällt.

Eine Systemanalyse kann erst gelingen, wenn man sich der Tatsache bewusst
wird, dass es keine Handlung (aktive Potenz) ohne Fähigkeit (Potential,
Macht) gibt. Diese Erkenntnis erfordert es, nach der Herkunft der
Potentiale zu fragen. So wie man es bei jeder
Potentialanalyse(Machtanalyse) macht. Das Zentralmachtsystem in welchem wir
alle aktiv sind (handeln), es basiert eben auf Befähigungen der
Individuen (Macht- / Potentialzessionen), nicht auf einer von der Zession
unabhängigen "Fähigwerdung der Individuen" (Die Macht ist mit Dir!).

Eine Anzahl von Individuen als "autopoietischer Schmarn" ist eine
Simulation für Grundschüler, eine Sehnsucht, die über die für die
Entstehung und Eingrenzung der Individuen notwendigen Machtstrukturen und
deren Fortentwicklung hinwegtäuscht.

Die Menschen sind, um genau zu sein, Getriebene der Zentralmacht. Diese
Ohnmachtstellung, deren Fundament (nicht Ursache!) die Abgabe ex nihilo
bildet, sie erstickt bei genauer Überlegung jede trügerische Sehnsucht
nach einem pseudointellektuellen Prozess der Selbsterschaffung
(Autopoiesis).

Ich hatte schon vegan erklärt, dass es keine roten Potentialpfäden
zwischen den aktiv werdenden Individuen gibt, sondern dass alles Potential,
welches das Individuum nach der gewaltsamen Unterwerfung abgetreten
bekommen hat, immer und ausschließlich einen zentralinstanziellen Bezug
aufweist, egal wie mächtig und widerstreitend wir uns während dieser
Zession auch fühlen. In der Wirtschaft wartet in Bezug auf das
Gesamtsystem keine "wahre Macht" auf, sondern nur Machtzession.

Erst durch den zentralinstanziellen Bezug entsteht die Masse der
Individuen, erfolgt die Eingrenzung von ursprünglich kephalen??? und
egalitären Gemeinschaften (keine Individuen) bzw. erster Segmente mittels
gewaltsamer und betrügerischer Zerschlagung in die Potential- und
Handlungsräume der Zentralmacht.

Sonst wird es schwer, dir zu folgen, wenn du wirklich kephal meintest wie du schriebst.
Es gab und gibt zwar Sonderformen von geduldeter Kephalität die aber immer ohne Institutionalisierung der Macht einhergehen, weil erst das zum ZMS und zur ZI führt (siehe Pierre Clastres in "Staatsfeinde") (hier und hier z.B. eine kurze Besprechung).
"1. Man kann die Gesellschaften nicht in zwei Gruppen einteilen: Gesellschaften mit Macht und Gesellschaften ohne Macht. Wir meinen im Gegenteil (ganz in Übereinstimmung mit den Fakten der Ethnographie), dass die politische Macht universell ist, dem Sozialen immanent (ob das soziale nun durch `Blutsbande' oder soziale Klassen -das meinte wohl @tar mit seinem "gesellschaftlich überspannenden, strukturellen Erhaltungswillen"- determiniert wird), aber dass sie sich in zwei Hauptformen verwirklicht: als zwangausübende Macht und als nicht zwangausübende Macht.
2. Die politische Macht als Zwang (oder als Befehl-Gehorsam-Beziehung) ist nicht das Modell der wahren Macht, sondern nur ein Sonderfall , eine konkrete Form der politischen Macht in bestimmten Kulturen, z.B. der abendländischen (aber natürlich nicht die einzige). Es gibt also keinen wissenschaftlichen Grund, gerade diese Modalität der Macht zu bevorzugen, um sie zum Bezugspunkt und Erklärungsprinzip aller anderen Modalitäten zu machen.
3. Selbst in den Gesellschaften, in denen die politische Institution fehlt (in denen es z.B. keine Häuptlinge gibt), selbst dort ist das Politische vorhanden, selbst dort stellt sich die Frage der Macht: nicht in dem trügerischen Sinne, der dazu verleiten könnte, einer unmöglichen Abwesenheit Rechnung tragen zu wollen, sondern im Gegenteil in dem Sinn, in dem, vielleicht auf geheimnisvolle Weise, etwas in der Abwesenheit existiert. Wenngleich die politische Macht keine der menschlichen Natur, d.h. dem Menschen als Naturwesen immanente Notwendigkeit ist (und hier irrt Nietzsche), so ist sie doch eine dem sozialen Leben immanente Notwendigkeit. Politik ohne Gewalt ist denkbar, nicht aber eine Gesellschaft ohne Politik: mit anderen Worten, es gibt keine Gesellschaft ohne Macht."

.... die Macht des Häuptlings hängt vom guten Willen der Gruppe ab. Man versteht nun das unmittelbare Interesse des Häuptlings an der Aufrechterhaltung des Friedens: der Einbruch einer die innere Harmonie zerstörenden Krise verlangt nach der Intervention der Macht, weckt aber gleichzeitig jenen Willen zum Protest, den zu überwinden der Häuptling keine Mittel hat.

Deshalb muss ein guter Häuptling die drei Hauptfähigkeiten verkörpern:
- schiedsrichten bis alle den erarbeiteten Konsens akzeptieren,
- rhetorisch überzeugen, um als Schiedsrichter akzeptiert zu werden,
- Großzügigkeit (deshalb materiell in der Gruppe am schlechtesten gestellt)

Die Pflicht des Häuptlings:
Ihm kommt die Herrschaft über das Wort zu, so dass man über einen nordamerikanischen Stamm schreiben konnte: "Man kann sagen, nicht dass der Häuptling ein Mann ist, der spricht, sondern dass derjenige, der spricht, ein Häuptling ist"', eine Formel, die für den gesamten südamerikanischen Kontinent gilt .... jeder außer dem Häuptling "würde sich schämen", wie er zu sprechen.

Liebe Grüße
Silke


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