Zur post-reformatorischen Lage

Falkenauge, Donnerstag, 05.01.2017, 10:56 (vor 2660 Tagen)3463 Views

„Hebet euch weg von den reinen Quellen, ihr unreinen Schweine! Hinaus mit euch aus dem Heiligtum, ihr verruchten Krämer! Berührt nicht länger mit den oft entweihten Händen die Altäre … Das Maß ist voll. Sehet ihr nicht, dass die Luft der Freiheit weht?“ (Ulrich von Hutten)

Luther rief Kaiser, Könige und Fürsten auf, wenn die Raserei der Römlinge so weitergehe, diese Geißeln der Menschheit mit Waffen anzugreifen „und die Angelegenheit nicht erst mit Worten, sondern mit gezücktem Schwert zur Entscheidung zu bringen.“ Im Volk fanden seine deftigen Formulierungen helle Begeisterung. „Einen hemmungsloseren und wirkungsvolleren Polemiker hat die Weltgeschichte nie gekannt. Beinahe alles, was er schrieb, war kriegerisch, mit Humor gesalzen und mit Schmähreden gepfeffert.“ (Will Durand)

Der vom Papst nach Deutschland gesandte Kardinal Aleander schrieb in einem Bericht: „Ganz Deutschland ist aufgebracht gegen Rom. … Martin wird abgebildet mit einem Heiligenschein und einer Taube über seinem Kopf. Das Volk küsst diese Bilder. … Ich kann nicht auf die Straße gehen, ohne dass die Deutschen ihre Hand ans Schwert legen und die Zähne gegen mich knirschen.“

Solch raue Töne herrschten damals in Deutschland. Wahrheitsminister Maas würde in Ohnmacht fallen oder sich wie Rumpelstilzchen vor Zorn selbst zerreißen.
Ach, wenn doch die Deutschen so aufgebracht wären gegen Berlin!

Diese Reformation wäre unter der Herrschaft der heutigen Moral- und Sprachwächter gar nicht möglich.

Und wie sieht es heute mit der protestantischen Kirche aus?
Sie ist ein staatstragender religiöser Trümmerhaufen. Der Medienwissenschaftler Norbert Bolz bringt es auf den Punkt. Der heutige Glaube sei auf ein Glaubensminimum reduziert, auf die Funktionserfordernisse einer sogenannten Zivilreligion, einer "Schwundstufe des Christentums", das nicht mehr wegen seines Wahrheitsanspruches, sondern nur noch wegen seiner ethisch und politisch stabilisierenden Funktion ernst genommen werde. Es gehe nicht mehr um den Glauben, sondern um die Genugtuung, ein guter Mensch zu sein.
Siehe:
Luthers Rebellion und die Protestanten heute


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